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WerteManagement: Der Faktor Moral im Risikomanagement

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  • Wieland, Josef
  • Fürst, Michael

Abstract

Aufgrund teilweise existenzgefährdender Unternehmenskrisen in den letzten Jahren wurde im März 1998 das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) verabschiedet. Es ist seit Mai 1998 in Kraft und besitzt Rechtswirkung für Aktiengesellschaften und GmbHs. Ziel dieser Gesetzesnovelle war es vornehmlich, eine systematische Früherkennung und Bearbeitung von Risiken durch ein geeignetes Risikomanagementsystem in Unternehmen oben genannter Rechtsform zu institutionalisieren, Transparenz in den Unternehmen zu schaffen und somit schwerwiegende Unternehmenskrisen möglichst zu vermeiden. Obwohl in dem durch das KonTraG veränderten § 91 II des Aktiengesetzes ausdrücklich die Prävention von bestandsgefährdenden Risiken als Leitungsaufgabe des Vorstandes (§ 76 AktG) gefordert wird, die sich aus der Organisation heraus und somit aus dem Faktor Personal entwickeln können, fokussieren bisherige Risikomanagementsysteme bislang auf finanzwirtschaftliche Faktoren und Prozesse und die sich daraus entwickelnden Risiken. Die Paragraphen § 130 OWiG ('Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen') sowie § 93 II AktG verfolgen eine vergleichbare Zielrichtung: In § 130 OWiG wird eine ordnungsrechtliche Haftung und eine Aufsichtspflicht der Leitungsorgane eines Unternehmens für die Handlungen der Mitarbeiter festgelegt. Sofern die Leitungsorgane ihre Aufsichtspflicht nicht angemessen wahrnehmen, kann ihnen die Verantwortung für die Verletzung von Rechtsnormen durch die Mitarbeiter zugerechnet und angelastet werden. In zunehmenden Maße verlangen die Gerichte für die Exkulpierung von dieser Verantwortungszurechnung einen Nachweis über die Verankerung eines Prozesses, der rechtwidriges Verhalten der Mitarbeiter nachhaltig verhindert. Dies stellt eine deutliche Abkehr von der bisherigen Praxis in der Rechtssprechung dar, in der eine Exkulpierung über die Vorlage einer im Unternehmen existierenden und kommunizierten rechtsbelehrenden Dokumentation gelang. § 93 II AktG fordert von einem Vorstand einer Aktiengesellschaft den Nachweis, dass er sich im Falle einer Krise der Unternehmung objektiv und subjektiv pflichtgemäß verhalten hat und seiner in § 76 AktG festgelegten Leitungspflicht für die Organisation nachgekommen ist. Konkret bedeutet dies, dass der Vorstand die Beweislast über die Etablierung geeigneter Maßnahmen zur Risikoprävention, -früherkennung und -bewältigung zu führen hat (Beweislastumkehr). Hinsichtlich der Ausstrahlungswirkung der oben genannten Paragraphen aus dem Aktiengesetz auf andere Gesellschaftsformen scheinen sich Experten weitgehend einig, wird dies doch in der amtlichen Begründung für den Entwurf des KonTraG explizit für GmbHs formuliert. Neben dem potentiellen Kapitalverlust bei Verstoß gegen die soeben genannten Gesetze durch zivilrechtliche Sanktionierung und durch die Realisierung wirtschaftlicher Risiken existiert für ein Unternehmen die Gefahr des Verlustes an Reputationskapital, sofern die Unternehmensleitung die Verantwortung für die Vermeidung von Risiken, die sich aus den Faktoren Organisation und Personal entwickeln können, nicht oder nur in ungenügendem Maße wahrnimmt. Ein in diesem Sinne umfassend wirkendes Risikomanagement muss zusätzlich zu den Risikofaktoren, die traditionell Bestandteil der Steuerung und Prüfung sind, auf die Verhaltensdispositionen der Mitarbeiter und die hierzu gehörenden Steuerungs- und Anreizstrukturen fokussieren. Während etablierte Risikomanagementsysteme hinsichtlich der Identifikation, Prüfung und Steuerung der 'hard facts' aus der tradierten 'Risikolandschaft' eines Unternehmens (z. B. Ordnungsmäßigkeit der Buchführung, Veränderung auf den Kapitalmärkten, Technologie, Elementarrisiken etc.) sich auf einem fortgeschrittenen und elaborierten Niveau bewegen, existieren innerhalb dieser Risikomanagementsysteme bislang nur in Ansätzen spezifisch konzipierte Systeme, die Steuerungs- und Kontrollfunktion hinsichtlich der Verhaltensdispositionen der Mitarbeiter übernehmen können. Einer dieser Ansätze ist das Wertemanagement. Ein Wertemanagement wird sowohl intern als auch extern verbindlich kommuniziert und fungiert innerhalb eines umfassenden und nachhaltig wirkenden Risikomanagements als die moralische Wertgrundlage individuellen und organisationalen Handelns. Ein Wertemanagement wird dabei als ein Anreizsystem konzipiert, das auf die Prävention von Risiken mittels Veränderung beziehungsweise Stabilisierung einer bestehenden, potentiell von Erosion bedrohten moralsensitiven Unternehmenskultur zielt und letztlich die Durchsetzung und Sicherstellung der moralischen Werte der Organisation bewirkt. Durch diese präventive Wirkung ergänzt ein Wertemanagement bereits existierende, regelmäßig ex-post wirksame Steuerungs- und Kontrollinstrumente zu einem umfassenden und nachhaltig wirkenden werteorientierten Risikomanagementsystem. Die für die Konzeption eines solchen Systems notwendige Bearbeitung des Risikophänomens rekurriert in der Arbeit auf den systemtheoretischen Risikobegriff. Hier wird der Gegenstandsbereich des Risikos immer im Handeln eines - auch kollektiven - Akteurs verortet, das auf diesen zurechenbar und durch diesen verantwortbar ist. Die im Rahmen eines werteadjustierten Risikomanagements notwendige Thematisierung der Risikoselektion wirft die Frage nach der Relevanz von Risiken für Organisationen auf. Darunter verstehen wir, dass die Relevanz von Risiken immer auch im Kontext von lokalen Wertvorstellungen steht und zu bearbeiten ist. Risiken wird demnach eine jeweils organisationsspezifische beziehungsweise lokale Relevanz zugemessen. Ausgehend von der soeben angedeuteten Annahme, dass die Wahrnehmung von Risiken auf sozialer und kultureller Konstruktion beruht, die in unterschiedlichen Wertvorstellungen der jeweiligen Kultur gründet (was ist wahr und falsch, gut und schlecht etc.), ist es zwangsläufig eine Notwendigkeit, diese Risiken im Unternehmen über Kultur, Werte und somit Verhalten zu steuern. Die Vorgabe von Werten führt dabei in einem rekursiven Prozess zu einer kulturellen Evolution hin zu einer distinkten Unternehmenskultur, die sowohl die Perzeption als auch die Steuerung im Sinne der Vermeidung von Risiken ermöglicht. Ein werteorientiertes Risikomanagement der hier beschriebenen Konzeption fokussiert dabei im Kern auf diejenigen Risiken, die für die beiden Entscheidungslogiken Moral und Ökonomie in Kombination in lokalen Entscheidungssituationen signifikante Relevanz besitzen. Den Abschluss des Berichts bildet eine Studie zur Wirkungsweise von korporativen Werteprogrammen, die bei Unternehmen der Baubranche im Jahr 2002 durchgeführt wurde und mit den Ergebnissen einer im Jahr 2000 veröffentlichten Studie in der Bauindustrie verglichen wird.

Suggested Citation

  • Wieland, Josef & Fürst, Michael, 2002. "WerteManagement: Der Faktor Moral im Risikomanagement," KIeM Working Paper Series 01/2002, HTWG Konstanz, University of Applied Sciences, KIeM Institute for Intercultural Management, Values and Communication.
  • Handle: RePEc:zbw:kiemwp:012002
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