Author
Listed:
- Lesch, Hagen
- Eckle, Lennart
Abstract
Im Jahr 2024 fanden insgesamt in 19 der zwanzig vom IW-Tarifmonitoring erfassten Branchen Tarifverhandlungen statt. Insgesamt gab es 32 Tarifauseinandersetzungen, die zum Teil schon 2022 und 2023 begannen. Eine Messung des Konfliktklimas zeigt, dass diese Auseinandersetzungen auch im Jahr 2024 recht konfliktreich verliefen. Die maximale Eskalationsstufe - sie gibt auf einer 7-stufigen Skala an, bis zu welcher Stufe ein Konflikt eskaliert - lag im Durchschnitt bei 2,9. Der Mittelwert der Jahre 2000 bis 2024 liegt bei lediglich 2,3. Die Konfliktintensität - sie summiert mit Hilfe eines Punkteverfahrens die im Laufe einer Tarifauseinandersetzung erreichten Eskalationsstufen - lag 2024 bei durchschnittlich 11,4 Punkten. Dies sind 3,2 Punkte mehr als im langfristigen Durchschnitt. Für die Jahre 2000 bis 2024 ergibt sich ein Mittelwert von 8,2 Punkten. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Konfliktintensität um 1,3 Punkte zurück. Die maximale Eskalationsstufe liegt 2024 hingegen 0,4 Punkte über ihrem Vorjahreswert. Ursächlich für die hohe Konfliktbereitschaft waren hohe Lohnforderungen der Gewerkschaften in einem durch Stagnation geprägten wirtschaftlichen Umfeld. Die höchste Konfliktintensität gab es mit 67 Punkten im Einzelhandel und mit 66 Punkten im Groß- und Außenhandel. Diese Konflikte entzündeten sich allerdings schon 2023. An dritter Stelle folgte mit 61 Konfliktpunkten die Tarifrunde zwischen Deutscher Bahn und GDL. Recht konfliktreich ging es zudem bei den Fluggesellschaften zu. Im zweiten Halbjahr 2024 eskalierten die Konflikte weniger stark als im ersten Halbjahr. In der Metall- und Elektro-Industrie summierten sich die Konflikthandlungen auf 19 Punkte, bei den Öffentlichen Banken und in der Süßwarenindustrie waren es jeweils 16 Punkte. Den höchsten Konfliktwert weisen mit 22 Punkten die Verhandlungen für die Ärzte an kommunalen Kliniken auf. Dieser Konflikt war Ende 2024 noch nicht beendet, ein für Januar 2025 angekündigter Arbeitskampf konnte aber in letzter Minute verhindert werden. Diesen eher konfliktreichen Tarifrunden standen eine ganze Reihe von "friedlichen" Runden gegenüber. Im ersten Halbjahr konnten die Verhandlungen in der Chemischen Industrie erneut kooperativ beigelegt werden, obwohl mit der Kündigung des Schlichtungsabkommens durch die Chemiegewerkschaft und die Forderung nach einer Vorteilsregelung für Mitglieder durchaus Konfliktpotenzial vorhanden war. Vergleichsweise friedlich verliefen auch die Verhandlungen in der Papiererzeugung (3 Konfliktpunkte) und im bayerischen Hotel- und Gaststättengewerbe (6 Konfliktpunkte). Im Gebäudereinigerhandwerk und bei T-Systems fanden die Verhandlungen vorzeitig im Rahmen der Friedenspflicht statt. In beiden Branchen konnten auf diese Weise Kompromisse konfliktfrei gefunden werden. Damit unterschied sich die Konfliktneigung zwischen den verschiedenen Branchen und Tarifbereichen erheblich. Das Jahr 2025 wird ein vergleichsweise ruhiges Tarifjahr, da in vielen Branchen keine Tarifverhandlungen stattfinden, sondern Stufenanpassungen vergangener Abschlüsse greifen werden. Schon Anfang 2025 sind die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Post, im Öffentlichen Dienst (Bund und Kommunen), in der Papierverarbeitenden Industrie, in der Textilindustrie (West) und bei der Deutschen Bahn (EVG) gestartet. Im zweiten Halbjahr folgen dann die Tarifrunden für die Eisen- und Stahlindustrie (Nordwest) und den Öffentlichen Dienst der Länder (ohne Hessen). Schwierig dürften vor allem die Verhandlungen im Öffentlichen Dienst werden: Neben hohen Lohnforderungen wollen die Gewerkschaften drei zusätzliche (für Gewerkschaftsmitglieder vier) Urlaubstage durchsetzen. Im Kontext von angespannter Haushaltslage und Personalmangel stellt dies eine enorme finanzielle Belastung dar.
Suggested Citation
Lesch, Hagen & Eckle, Lennart, 2025.
"Hohe Konfliktintensität bei unterschiedlicher Konfliktneigung: Tarifpolitischer Bericht 2. Halbjahr 2024,"
IW-Reports
6/2025, Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute.
Handle:
RePEc:zbw:iwkrep:311849
Download full text from publisher
More about this item
Keywords
Tarifverhandlungen;
Arbeitskonflikt;
Deutschland;
All these keywords.
JEL classification:
- J50 - Labor and Demographic Economics - - Labor-Management Relations, Trade Unions, and Collective Bargaining - - - General
- J51 - Labor and Demographic Economics - - Labor-Management Relations, Trade Unions, and Collective Bargaining - - - Trade Unions: Objectives, Structure, and Effects
- J52 - Labor and Demographic Economics - - Labor-Management Relations, Trade Unions, and Collective Bargaining - - - Dispute Resolution: Strikes, Arbitration, and Mediation
Statistics
Access and download statistics
Corrections
All material on this site has been provided by the respective publishers and authors. You can help correct errors and omissions. When requesting a correction, please mention this item's handle: RePEc:zbw:iwkrep:311849. See general information about how to correct material in RePEc.
If you have authored this item and are not yet registered with RePEc, we encourage you to do it here. This allows to link your profile to this item. It also allows you to accept potential citations to this item that we are uncertain about.
We have no bibliographic references for this item. You can help adding them by using this form .
If you know of missing items citing this one, you can help us creating those links by adding the relevant references in the same way as above, for each refering item. If you are a registered author of this item, you may also want to check the "citations" tab in your RePEc Author Service profile, as there may be some citations waiting for confirmation.
For technical questions regarding this item, or to correct its authors, title, abstract, bibliographic or download information, contact: ZBW - Leibniz Information Centre for Economics (email available below). General contact details of provider: https://edirc.repec.org/data/iwkolde.html .
Please note that corrections may take a couple of weeks to filter through
the various RePEc services.