Author
Listed:
- Strohner, Ludwig
- Thomas, Tobias
Abstract
Die Kalte Progression in der Lohn- und Einkommensteuer führt zu einer Mehrbelastung privater Haushalte. Damit werden nicht zuletzt ihre Konsummöglichkeiten eingeschränkt Daher hat sich die Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm zum Ziel gesetzt, die Kalte Progression abzuschaffen. Es bestehen diverse Reformoptionen, um der Kalten Progression zu begegnen. Wesentliche konzeptionelle Unterschiede bestehen in der Frage, ob die Anpassung jährlich erfolgt oder erst ab Überschreiten einer definierten Inflationsschwelle und ob die Anpassung des Tarifs sich nur auf die Inflation bezieht oder auf die durchschnittliche Lohnentwicklung inklusive Produktivitätszuwächse. Darüber hinaus kann die Tarifanpassung automatisch erfolgen oder jeweils eines Beschlusses durch das Parlament bedürfen. Um die unterschiedliche Auswirkung auf die Durchschnittssteuersätze und die Belastung der privaten Haushalte zu analysieren, wurden in der vorliegenden Untersuchung vier Szenarien berechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass der Durchschnittssteuersatz ohne Anpassung des Einkommensteuertarifs (Szenario 1) von rund 15, 7 Prozent im Jahr 2019 innerhalb von 10 Jahren auf 20 Prozent steigt. Damit verbunden ist eine Mehrbelastung der privaten Haushalte über zehn Jahre kumuliert von 66,3 Mrd. Euro. Erfolgt die Tarifanpassung bei Überschreitung einer Inflationsgrenze von 5 Prozent (Szenario 2), dann legt der Durchschnittssteuersatz deutlich moderater zu. Über zehn Jahre kumuliert steigen die Mehrbelastungen privater Haushalte aber immer noch um über 23,8 Mrd. Euro. Auch wenn der Steuertarif jährlich anhand der Inflation angepasst wird (Szenario 3) steigen die Mehrbelastungen privater Haushalte aufgrund produktivitätsbedingter Lohnsteigerungen. Dieser Anstieg macht kumuliert über zehn Jahre knapp 15 Mrd. Euro aus. Lediglich bei einer jährlichen Anpassung des Tarifs an die durchschnittliche Lohnentwicklung (Szenario 4) bleibt die Steuerbelastung privater Haushalte prozentuell konstant und die Kalte Progression wird vollständig abgeschafft. Soll die Mehrbelastung der privaten Haushalte durch die Kalte Progression abgeschafft werden, sollte der Einkommensteuertarif jährlich an die durchschnittliche Lohnentwicklung angepasst werden. Diese Reform sollte über eine Indexierung von Tarif, Frei- und Absetzbeträgen mit automatischen Anpassungen erfolgen. Die Mehrbelastungen der privaten Haushalte durch die Kalte Progression stellen auf der anderen Seite Mehreinnahmen des Staates dar, die für finanzielle Spielräume oder für die Haushaltskonsolidierung genutzt werden können. Allerdings haben Analysen von EcoAustria gezeigt, dass bei den öffentlichen Ausgaben in Österreich Effizienzpotenziale in Milliardenhöhe bestehen, die gehoben werden könnten, ohne die Leistungen des Staates zu verschlechtern. Gibt es über die Effizienzpotenziale hinaus weiteren Finanzierungs- und Konsolidierungsbedarf, so sollte dieser transparent über den demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess legitimiert werden und nicht über die Kalte Progression "durch die Hintertür" erfolgen.
Suggested Citation
Strohner, Ludwig & Thomas, Tobias, 2019.
"Mehrbelastung der Haushalte durch Kalte Progression vollständig abschaffen,"
Policy Notes
31, EcoAustria – Institute for Economic Research.
Handle:
RePEc:zbw:ecoapn:31
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