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- Georg Aichholzer
- Lorenz Lassnigg
- Gerd Schienstock
Abstract
Versucht man den arbeitsmarktpolitischen Einsatz beruflicher Qualifizierungsmaßnahmen in Österreich im Lichte der vorliegenden empirischen Befunde auf seine Funktionserfüllung hin resümierend zu beurteilen, so ergibt sich folgendes Bild: In der nach dem Verlust der Vollbeschäftigung nun schon einige Jahre andauernden Phase steigender Arbeitslosigkeit hatte sich ein grundlegender Funktionswandel arbeitsmarktpolitischer Qualifikationsförderung erst zu bewähren. War bis zur Mitte der siebziger Jahre die Schulungsförderung zur Unterstützung der Bedarfsdeckung bei einem generellen Arbeitskräftemangel ohnehin marktkonform einzusetzen, so stellte sich für dieses Förderinstrument in der zweiten Hälfte der siebziger und ganz besonders mit Beginn der achtziger Jahre das Problem, drohender oder bereits vollzogener Freisetzung von Arbeitskräften entgegenzuwirken. Als Zielsetzung der Arbeitsmarktausbil¬ dung rückte daher die Vermeidung oder zumindest Milderung einer bei längeren Phasen der Unterbeschäftigung sich einstellenden Strukturierung der Arbeitslosigkeit in den Vordergrund. Entsprechend dem gegenüber der allgemeinen Beschäftigungspolitik nachgeordneten und prinzipiell selektiven Charakter arbeitsmarktpolitischer Interventionen bedeutete dies eine Konzentration auf individuelle Beschäftigungsprobleme und Arbeitsmarktrisiken als Kriterium der Zielgruppenabgrenzung. Eine individual- bzw. gruppenspezifische Analyse der Auswirkungen der beruflichen Qualifizierungsförderung stellt somit den ersten Schritt dar, den Grad der Einlösung des übergeordneten Ziels, eine Verhärtung der Arbeitslosenstruktur zu hemmen, einer Prüfung zu unterziehen. Von den drei als zentral anzusehenden Wirkungsaspekten sind die Verteilungswirkungen der staatlichen Schulungsförderung bereits aus der Struktur der Inanspruchnahme abzulesen. Beschäftigungs- und Integrationswirkungen lassen sich demgegenüber erst gewisse Zeit nach Durchlaufen der Weiterbildungsmaßnahme feststellen. Während kurzfristige Effekte noch nicht sehr aussagekräftig sind, ist mit einer Beobachtungsperiode von mehreren Jahren, wie es in der zugrunde liegenden Untersuchung der Fall war, bereits eine ausreichende Überprüfung der Dauerhaftigkeit der anfänglichen Entwicklung gegeben. Ein Vergleich der empirisch belegten Erfüllung der Zielsetzungen entlang der genannten drei Dimensionen soll aus chronologischen Gründen vom Verteilungsaspekt seinen Ausgang nehmen. Zwar gibt es Hinweise, daß sich die Teilnehmerzusammensetzung durch die in der Zwischenzeit intensivierte Konzentration auf Arbeitslose stark verändert hat. Für den untersuchten Ausbildungsjahrgang gilt jedoch, daß ein beträchtlicher Teil der in die Förderung einbezogenen Personen nicht der Zielgruppendefinition entsprach, da sie in stabilen Beschäftigungsverhältnissen ohne ersichtliche Gefährdungsmomente standen. Abgesehen von dieser übermäßig vertretenen Teilnehmerkategorie, die das Beharrungsvermögen einer langjährigen nichtselektiven Förderpraxis ausdrückt, gingen mit der Qualifizierungsförderung Verteilungswirkungen einher, die der Zielsetzung entsprechen. Die kompensatorische Funktion der arbeitsmarktpolitischen Schulungsförderung zugunsten der im allgemeinen in Fortbildungsmaßnahmen, insbesondere in betrieblichen, wenig vertretenen Arbeitnehmerkategorien gilt für nahezu alle traditionellen Problemgruppen des Arbeitsmarktes (Frauen, Jugendliche, Arbeitskräfte mit fehlender oder niedriger Berufsqualifikation). Vergleichsweise geringes Gewicht haben einzig die älteren Arbeitnehmer. Dem Problemdruck wird auch insofern Rechnung getragen, als Angehörige von Berufsgruppen mit ungünstiger Beschäftigungsperspektive unter den Teilnehmern besonders stark vertreten sind. Über diese kompensatorischen Verteilungswirkungen hinaus sind Beschäftigungs- und Integrationswirkungen unter den Programmteilnehmern festzustellen, die zumindest teilweise auf die Qualifizierungsmaßnahme zurückgehen. Die betonte Ausrichtung auf Jugendliche läßt dabei die integrativen Effekte vorrangig erscheinen. Die Integration der vor der Maßnahme arbeitslosen Teilnehmer gelang auch bereits unmittelbar nach Kursabschluß in einem hohen Grade. Weitere Beschäftigungseintritte und die Etablierung überwiegend stabiler Berufsverläufe in der längerfristigen Perspektive unterstreichen diese Eingliederungsfunktion der Schulungsmaßnahmen, auch wenn für einzelne Subgruppen, insbesondere für ältere und weibliche Teilnehmer, aufgrund des relativ häufig eingetretenen freiwilligen Rückzugs gewisse Einschränkungen gelten. Zudem wird die Wirksamkeit der als Überbrückungshilfe für Schulabgänger gedachten Kursveranstaltungen durch die subjektiven Urteile der Betroffenen eher in Zweifel gezogen. Was die Beschäftigungswirkungen betrifft, dürfte der expansive Netto-Effekt, zu dessen exakter Feststellung eine andere Datenvoraussetzung bzw. Untersuchungsanlage erforderlich wäre, verschwindend gering sein. Dies legen auch entsprechende gesamtwirtschaftlich aggregierte Wirkungsanalysen nahe, die für vergleichbare Maßnahmen aus der BRD vorliegen12. Was an Beschäftigungswirkungen zählt, ist ein gewisser unmittelbarer Entlastungseffekt für das Arbeitsangebot (soweit es sich um Vollzeitmaßnahmen handelt), vor allem aber die beschäftigungsstabilisierende Wirkung. Diese wurde bei den Absolventen der Qualifizierungsmaßnahmen, wie gezeigt, trotz der Abstriche in Teilbereichen in beachtlichem Umfang erreicht. Die Schwierigkeit einer Ausrichtung von Schulungsmaßnahmen am zukünftigen Bedarf im Sinne einer antizipierenden Qualifikationsanpassung an technische Innovationen zeigt sich deutlich im Bereich Druckerei/Graphik. Die feststellbaren Teilerfolge der Integrations- und Stabilisierungsbemühungen legen eine zielgerichtete Fortführung des Einsatzes der außerbetrieblichen Qualifizierungsförderung besonders für diejenigen Gruppen am Arbeitsmarkt nahe, die von dauerhafter Ausgliederung am stärksten betroffen sind. Die Kombination mit nachfrageseitig ansetzenden Maßnahmen könnte dabei von zusätzlichem Nutzen sein.
Suggested Citation
Georg Aichholzer & Lorenz Lassnigg & Gerd Schienstock, 1986.
"Berufliche Fortbildung als arbeitsmarktpolitische Strategie,"
Wirtschaft und Gesellschaft - WuG, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik, vol. 12(2), pages 241-257.
Handle:
RePEc:clr:wugarc:y:1986v:12i:2p:241
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