IDEAS home Printed from https://ideas.repec.org/a/ces/ifosdt/v60y2007i21p03-28.html
   My bibliography  Save this article

Sektorspezifische Regulierung: Transitorisch oder ad infinitum?

Author

Listed:
  • Hans Schedl
  • Günther Knieps
  • Ingo Vogelsang
  • Stephan Korehnke
  • Nejc M. Jakopin
  • Klaus von den Hoff
  • Iris Henseler-Unger
  • Rebecca Harms

Abstract

Unter diesem Titel hat das ifo Institut in diesem Frühjahr eine Studie veröffentlicht, die zehn Jahre nach der Einführung der sektorspezifischen Regulierung und beträchtlichen Markterfolgen in der Telekommunikation prüfte, ob das ursprüngliche Ziel einer vorübergehenden Regulierung aus den Augen verloren wurde. In der Studie wird festgestellt, dass trotz erheblicher Entwicklung des Wettbewerbs die Mitarbeiterzahl in den meisten europäischen Regulierungsbehörden weiter gestiegen ist, Regulierungsverfahren komplizierter geworden und neue Regulierungsaufgaben und -gebiete hinzugekommen sind. Mit einem Wort: Alle Zeichen deuten auf eine Verfestigung der Regulierung hin. Das Thema stieß auf reges Interesse. Deswegen wurden mehrere Autoren zur Stellungnahme eingeladen. Eine Einführung in die Thematik gibt Hans Schedl, wissenschaftlicher Mitarbeiter des ifo Instituts und Mitautor der Studie. Am 13. November 2007 legte die Europäische Kommission einen Entwurf über die Schaffung einer europäischen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und der Änderung der Zugangsrichtlinie vor. Hans Schedl fasst die vorgesehenen Änderungen zusammen und unterzieht sie einer kritischen Bewertung. Für Günter Knieps, Universität Freiburg, ist es von zentraler Bedeutung, zwischen Ex-ante- und Ex-post-Eingriffen in Märkten zu unterscheiden. Ex-anteRegulierung sei nur in solchen Netzbereichen gerechtfertigt, in denen ein systematischer Missbrauch von Marktmacht bei Abwesenheit von Regulierung erwartet werden könne. Netzspezifische Marktmacht sei nur in solchen Netzinfrastrukturen zu erwarten, die nicht nur durch Bündelungsvorteile, sondern gleichzeitig auch durch irreversible Kosten gekennzeichnet seien (monopolistische Bottlenecks). Deshalb bleibe die Regulierung der Marktmacht dieser monopolistischen Bottleneck-Bereiche auch nach einer umfassenden Marktöffnung eine wichtige Aufgabe. Es müsse allerdings sichergestellt werden, dass die Regulierung auf diese Netzbereiche beschränkt bleibe. Im Telekommunikationssektor sieht Knieps eine Tendenz zur Überregulierung, da dort aufgrund der dynamischen technischen Entwicklung ein Schrumpfen der monopolistischen Bottleneck-Bereiche zu beobachten ist. Für Ingo Vogelsang, Boston University, ist Regulierung nicht per se ein Fehler. Vielmehr bestehe, seiner Ansicht nach, unter bestimmten Umständen eine Regulierungsbedürftigkeit. Zur Vermeidung von Überregulierung sei eine aber wiederholte Analyse der Regulierungsbedürftigkeit vorzunehmen und mit dem Bedürfnis der Regulierer zum Regulieren zu kontrastieren. Für den Telekommunikationssektor kann sich Vogelsang zwar ein Ende der sektorspezifischen Regulierung vorstellen. Regulierungsbedarf sieht er allerdings noch für einige Jahre beim Teilnehmeranschluss und beim Terminierungsmonopol. Stephan Korehnke, Vodafone D2, weist auf eine rechtswidrige Auslegung des Drei-Kriterien-Tests im Bereich des Mobilfunks hin: Nur bei kumulativem Vorliegen aller Bedingungen – beträchtliche und anhaltende Marktzutrittsbeschränkungen, ein nicht zum Wettbewerb neigender Markt und Unzulänglichkeit des allgemeinen Wettbewerbsrechts – darf sektorspezifische Regulierung einsetzen. Keines der drei Kriterien ist im Mobilfunkmarkt erfüllt. Zusätzlich zeigt er, dass das so genannte Terminierungsmonopol durch Regulierung nicht beeinflusst werden kann und die Anwendung des Instrumentes deshalb abzulehnen ist. ifo Schnelldienst 21/2007 Sektorspezifische Regulierung 3 Nejc M. Jakopin und Klaus von den Hoff, Arthur D. Little GmbH, zeigen, dass die häufig geäußerte Kritik, Deutschland hätte – bezogen auf die Zahl der Breitbandanschlüsse pro Haushalt im Vergleich zu anderen Industrieländern – einen unterentwickelten Internetmarkt, ihrer Meinung nach nicht zutrifft. Denn Schlussfolgerungen allein auf Basis dieser eindimensionalen Betrachtung seien nicht gerechtfertigt, zumal ein breiteres Spektrum an Indikatoren darauf hin deute, dass Deutschland im europäischen Vergleich eine gute Position im Markt für Breitbandinternetzugänge einnehme. Besonders von Seiten der EUKommission werde aber auf dieser Grundlage Druck auf die Regulierungsverantwortlichen in Deutschland ausgeübt, die sektorspezifische Regulierung in diesem Markt eher zu verstärken und umfassend in das Marktverhalten einzugreifen. Für Iris Henseler-Unger, Bundesnetzagentur, ist die sektorspezifische Regulierung vor allem Teil der De-Regulierungsstrategie. Sie betont, dass ein vollständiger Abbau der Regulierung nur dort möglich ist, wo keine dauerhaften Flaschenhälse im Netz bestehen: »Transitorisch wird jedoch die Regulierungsaufgabe nicht im Energie- und Bahnbereich sein. Die technischen und ökonomischen Besonderheiten dieser Netze sprechen dafür, dass es nicht zu parallelen Infrastrukturen kommen wird. Wenn also die Besonderheiten des natürlichen Monopols von Strom-, Gasund Bahnnetz nicht abgebaut werden, muss auch die Regulierung auf Dauer angelegt sein.« Für Rebecca Harms, Europaparlament und Berichterstatterin in der Frage der Telekommunikationsregulierungsänderung, gibt es ebenfalls gute Gründe, bestimmte Märkte nicht allein den Wirtschaftskräften zu überlassen. Denn leider gebe es Märkte, bei denen aus den verschiedensten Gründen die Marktkräfte versagen. In Deutschland seien dies die Märkte, die insbesondere im Kompetenzbereich der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen liegen.

Suggested Citation

  • Hans Schedl & Günther Knieps & Ingo Vogelsang & Stephan Korehnke & Nejc M. Jakopin & Klaus von den Hoff & Iris Henseler-Unger & Rebecca Harms, 2007. "Sektorspezifische Regulierung: Transitorisch oder ad infinitum?," ifo Schnelldienst, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, vol. 60(21), pages 03-28, November.
  • Handle: RePEc:ces:ifosdt:v:60:y:2007:i:21:p:03-28
    as

    Download full text from publisher

    File URL: https://www.ifo.de/DocDL/ifosd_2007_21_1.pdf
    Download Restriction: no
    ---><---

    References listed on IDEAS

    as
    1. Menzie D. Chinn & Robert W. Fairlie, 2007. "The determinants of the global digital divide: a cross-country analysis of computer and internet penetration," Oxford Economic Papers, Oxford University Press, vol. 59(1), pages 16-44, January.
    2. Blankart, Charles B. & Knieps, Günter & Zenhäusern, Patrick, 2007. "Regulation of new markets in telecommunications? Market dynamics and shrinking monopolistic bottlenecks," Discussion Papers 112 [rev.], University of Freiburg, Institute for Transport Economics and Regional Policy.
    3. Hans Schedl & Kai Sülzle & Andreas Kuhlmann, 2007. "Sector-specific regulation: transitory or ad infinitum? An international status report on regulatory institutions," ifo Forschungsberichte, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, number 40.
    Full references (including those not matched with items on IDEAS)

    Citations

    Citations are extracted by the CitEc Project, subscribe to its RSS feed for this item.
    as


    Cited by:

    1. Hans Schedl, 2007. "Sector-specific Regulation: Transitory or ad Infinitum? An International Status Report on Regulatory Institutions," ifo DICE Report, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, vol. 5(4), pages 35-40, 06.
    2. Hans Schedl & Kai Sülzle, 2007. "Sektorspezifische Regulierung: Transitorisch oder ad infinitum?Eine internationale Bestandsaufnahme von Regulierungsinstitutionen," ifo Schnelldienst, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, vol. 60(09), pages 31-34, May.

    Most related items

    These are the items that most often cite the same works as this one and are cited by the same works as this one.
    1. Ren, Siyu & Hao, Yu & Xu, Lu & Wu, Haitao & Ba, Ning, 2021. "Digitalization and energy: How does internet development affect China's energy consumption?," Energy Economics, Elsevier, vol. 98(C).
    2. Olimpia NEAGU, 2019. "Digital Divide Gap Convergence Across European Union: The Role Of Urbanisation," Contemporary Economy Journal, Constantin Brancoveanu University, vol. 4(1), pages 43-48.
    3. P. Guerrieri & M. Luciani & V. Meliciani, 2011. "The determinants of investment in information and communication technologies," Economics of Innovation and New Technology, Taylor & Francis Journals, vol. 20(4), pages 387-403.
    4. Waqas Shair & Muhammad Tayyab & Sumaira Nawaz & Kanza Amjad, 2023. "Digital Divide In Pakistan: Barriers To Ict Adoption," Bulletin of Business and Economics (BBE), Research Foundation for Humanity (RFH), vol. 12(2), pages 243-252.
    5. Ariansyah, Kasmad & Sirait, Emyana Ruth Eritha & Nugroho, Badar Agung & Suryanegara, Muhammad, 2021. "Drivers of and barriers to e-commerce adoption in Indonesia: Individuals’ perspectives and the implications," Telecommunications Policy, Elsevier, vol. 45(8).
    6. Rath, Badri Narayan & Panda, Bibhudutta & Akram, Vaseem, 2023. "Convergence and determinants of ICT development in case of emerging market economies," Telecommunications Policy, Elsevier, vol. 47(2).
    7. Knieps, Günter, 2012. "Competition and the railroads: A European perspective," Discussion Papers 142, University of Freiburg, Institute for Transport Economics and Regional Policy.
    8. Bulman, George & Fairlie, Robert W., 2015. "Technology and Education: Computers, Software, and the Internet," IZA Discussion Papers 9432, Institute of Labor Economics (IZA).
    9. Giorgio Di Pietro, 2021. "Changes in Italy's education‐related digital divide," Economic Affairs, Wiley Blackwell, vol. 41(2), pages 252-270, June.
    10. Cariolle, Joël, 2021. "International connectivity and the digital divide in Sub-Saharan Africa," Information Economics and Policy, Elsevier, vol. 55(C).
    11. Knieps, Günter & Zenhäusern, Patrick, 2008. "The fallacies of network neutrality regulation," Discussion Papers 115 [rev.], University of Freiburg, Institute for Transport Economics and Regional Policy.
    12. Charles Amo Yartey, 2006. "Financial Development, the Structure of Capital Markets, and the Global Digital Divide," IMF Working Papers 2006/258, International Monetary Fund.
    13. Zhang, Xiaoqun, 2013. "Income disparity and digital divide: The Internet Consumption Model and cross-country empirical research," Telecommunications Policy, Elsevier, vol. 37(6), pages 515-529.
    14. Vicente, Maria Rosalia & Lopez, Ana Jesus, 2006. "Patterns of ICT diffusion across the European Union," Economics Letters, Elsevier, vol. 93(1), pages 45-51, October.
    15. Massimo Riccaboni & Alessandro Rossi & Stefano Schiavo, 2013. "Global networks of trade and bits," Journal of Economic Interaction and Coordination, Springer;Society for Economic Science with Heterogeneous Interacting Agents, vol. 8(1), pages 33-56, April.
    16. Vanberg, Margit A., 2007. "Implications of Network Convergence on Local Access Regulation in the U.S. and the EU," ZEW Discussion Papers 07-039, ZEW - Leibniz Centre for European Economic Research.
    17. Grishchenko, Natalia, 2020. "The gap not only closes: Resistance and reverse shifts in the digital divide in Russia," Telecommunications Policy, Elsevier, vol. 44(8).
    18. Knieps, Günter & Weiß, Hans-Jörg, 2008. "Regulatory agencies and regulatory risk," Discussion Papers 118 [rev.], University of Freiburg, Institute for Transport Economics and Regional Policy.
    19. Menzie D. Chinn & Robert W. Fairlie, 2010. "ICT Use in the Developing World: An Analysis of Differences in Computer and Internet Penetration," Review of International Economics, Wiley Blackwell, vol. 18(1), pages 153-167, February.
    20. Barman, Hemanta & Dutta, Mrinal Kanti & Nath, Hiranya K., 2018. "The telecommunications divide among Indian states," Telecommunications Policy, Elsevier, vol. 42(7), pages 530-551.

    More about this item

    Keywords

    Regulierung; Aufsichtsbehörde; Telekommunikation; Telekommunikationsgesellschaft; Wettbewerb; Vergleich; Welt;
    All these keywords.

    JEL classification:

    • L50 - Industrial Organization - - Regulation and Industrial Policy - - - General

    Statistics

    Access and download statistics

    Corrections

    All material on this site has been provided by the respective publishers and authors. You can help correct errors and omissions. When requesting a correction, please mention this item's handle: RePEc:ces:ifosdt:v:60:y:2007:i:21:p:03-28. See general information about how to correct material in RePEc.

    If you have authored this item and are not yet registered with RePEc, we encourage you to do it here. This allows to link your profile to this item. It also allows you to accept potential citations to this item that we are uncertain about.

    If CitEc recognized a bibliographic reference but did not link an item in RePEc to it, you can help with this form .

    If you know of missing items citing this one, you can help us creating those links by adding the relevant references in the same way as above, for each refering item. If you are a registered author of this item, you may also want to check the "citations" tab in your RePEc Author Service profile, as there may be some citations waiting for confirmation.

    For technical questions regarding this item, or to correct its authors, title, abstract, bibliographic or download information, contact: Klaus Wohlrabe (email available below). General contact details of provider: https://edirc.repec.org/data/ifooode.html .

    Please note that corrections may take a couple of weeks to filter through the various RePEc services.

    IDEAS is a RePEc service. RePEc uses bibliographic data supplied by the respective publishers.