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- Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute
Abstract
Am 27. April 2006 stellten die sechs Wirtschaftsforschungsinstitute in Berlin ihr Frühjahrsgutachten der Presse vor. Sie kamen zu der Ansicht, dass die Expansion der Weltwirtschaft im Frühjahr 2006 nach wie vor kräftig ist. Im Verlauf des vergangenen Jahres hat sie an Breite gewonnen. Während die Produktion in den USA in der Grundtendenz weiter deutlich stieg und sich das rasche Wachstum in China ungebremst fortsetzte, wurde die Schwächephase, die sich in Japan, im Euroraum sowie in vielen Schwellenländern in der zweiten Jahreshälfte 2004 eingestellt hatte, nach und nach überwunden. Die Auftriebskräfte sind in Folge der günstigen Ertragslage der Unternehmen, steigender Vermögenspreise und niedriger Zinsen so stark, dass die dämpfenden Wirkungen höherer Rohstoffpreise mehr als ausgeglichen wurden. Der Preisanstieg hat sich in den Industrieländern energiepreisbedingt im vergangenen Herbst vorübergehend verstärkt. Zu spürbaren Zweitrundeneffekten kam es aber nicht. Nach wie vor geringe Inflationserwartungen sind ein wichtiger Grund dafür, dass die langfristigen Zinsen nur wenig stiegen. Die Weltwirtschaft wird im Prognosezeitraum weiter zügig expandieren, wenngleich infolge nachlassender expansiver Wirkungen der Geldpolitik und leicht anziehender langfristiger Zinsen etwas langsamer als bisher. Dabei wird sich das Konjunkturgefälle zwischen den Industrieländern weiter verringern. Das reale Bruttoinlandsprodukt in der Welt wird 2006 um 3,4% und 2007 um 3,1% zunehmen. Der Welthandel dürfte um 8,5 bzw. 7,5% ausgeweitet werden. Die globalen Ungleichgewichte, insbesondere das Leistungsbilanzdefizit der USA, werden sich dabei kaum verringern. Im Euroraum setzt sich die konjunkturelle Erholung fort. Die konjunkturellen Auftriebskräfte unterscheiden sich dabei in den einzelnen Volkswirtschaften weiterhin deutlich. In Deutschland, Österreich und den Niederlanden wird die Konjunktur vor allem von den Exporten getragen, in Spanien, Italien und Frankreich steigt vor allem die Binnennachfrage. Mit der Erholung haben sich die Inflationsrisiken erhöht. Die EZB, die im vergangenen Jahr die Zinswende vollzog, wird daher bestrebt sein, den Expansionsgrad ihrer Geldpolitik weiter zu verringern. Zugleich kommt die Budgetkonsolidierung allmählich voran. Export und Anlageinvestitionen werden aber weiter deutlich expandieren. Im kommenden Jahr wird die konjunkturelle Dynamik durch die etwas langsamere Gangart der Weltkonjunktur, leicht steigende Zinsen und einen nachlassenden Immobilienpreisanstieg, aber auch durch die restriktive Finanzpolitik in Deutschland, gedämpft. Im Jahresergebnis nimmt das reale Bruttoinlandsprodukt 2007 um 1,8% zu, nach 2,1% in diesem Jahr. Die Inflationsrate wird 2006 aufgrund eines geringeren Anstiegs der Energiepreise auf 2% sinken; 2007 wird sie infolge der Anhebung der Mehrwertsteuer in Deutschland etwas höher ausfallen (2,2%). Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Frühjahr 2006 in einem kräftigen Aufschwung. Nach wie vor sind die Impulse aus dem Ausland beträchtlich, die Exporte sind bis zuletzt stark gestiegen. Die positive Grundtendenz der Konjunktur zeigt sich vor allem darin, dass sich die Ausrüstungsinvestitionen weiter gefestigt haben. Auch die Verbraucher sind optimistischer geworden; die Umsätze des Einzelhandels zogen nach der Jahreswende etwas an. Der konjunkturelle Aufschwung strahlt auf den Arbeitsmarkt aus. So ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig eschäftigten in der zweiten Jahreshälfte 2005 kaum noch zurückgegangen, und die Arbeitslosigkeit ist gesunken, wenn auch großenteils als Folge von Sondereinflüssen im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktpolitik. Die Institute erwarten, dass sich der Aufschwung in diesem Jahr spürbar verstärkt. Die Exporte werden abermals kräftig ausgeweitet, da die Weltwirtschaft weiterhin sehr zügig expandiert. Überdies gewinnt nun auch die Inlandsnachfrage an Fahrt. Die Investitionen legen verstärkt zu; dazu trägt auch bei, dass die Zinsen immer noch niedrig sind. Ferner stützen finanzpolitische Maßnahmen, insbesondere die verbesserten Abschreibungsbedingungen, die Investitionstätigkeit. Die privaten Haushalte dürften ihre Ausgaben wieder etwas erhöhen, zumal sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt aufhellt. Im späteren Verlauf dieses Jahres werden zudem zusätzliche Käufe vor allem von Gebrauchsgütern getätigt, um die im kommenden Jahr höhere Mehrwertsteuer zu vermeiden. Die Institute rechnen mit einem Vorzieheffekt in Höhe von etwa 0,2% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Im Jahresdurchschnitt 2006 wird die gesamtwirtschaftliche Produktion voraussichtlich um 1,8% zunehmen. Der Anstieg der Verbraucherpreise dürfte sich auf 1,6% zurückbilden; dabei ist unterstellt, dass es aus dem Ausland keine neuen Teuerungsimpulse gibt. Im kommenden Jahr wird die Konjunktur spürbar an Fahrt verlieren, da wichtige Impulse schwächer werden und Belastungen hinzukommen. So wird die Weltkonjunktur voraussichtlich etwas langsamer expandieren. Die Geldpolitik wirkt weniger anregend, weil die EZB die Zinsen in diesem Jahr weiter leicht anheben wird. Die Inlandsnachfrage wird vor allem durch den Schwenk zu einer deutlich restriktiven Finanzpolitik gedämpft. Die Mehrwertsteuer und andere Steuern sollen spürbar angehoben werden, und dieser negative Impuls wird durch die Senkung der Beiträge zur Sozialversicherung nicht ausgeglichen. Betrachtet man das gesamte Maßnahmenpaket, so wird das reale Bruttoinlandsprodukt um etwa einen halben Prozentpunkt geringer steigen, als es sonst der Fall wäre. 2007 wird es lediglich um 1,2% zunehmen. Die Inflationsrate wird sich auf 2,5% erhöhen. Allerdings gibt es Risiken. So würde ein erneuter Preisschub beim Erdöl, ausgelöst durch eine befürchtete Angebotsverknappung, die Konjunktur dämpfen. Auch bestehen Risiken im Inland. Sollten die Unternehmer und Konsumenten weitere Abgabenerhöhungen befürchten, könnten sich ihre Erwartungen deutlich verschlechtern, und die Konjunktur würde sich stärker eintrüben als prognostiziert. Es besteht aber auch die Chance, dass der Produktionsanstieg höher ausfällt als hier vorausgesagt. Dafür könnte auch der Verlauf früherer Konjunkturzyklen sprechen. So nahm in der Vergangenheit die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung häufig über einige Jahre hinweg zu, wenn ein Aufschwungsprozess erst einmal eingesetzt hatte. Obwohl die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit dem kräftigsten Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts seit dem Jahr 2000 rechnen kann, haben sich die fundamentalen Bedingungen wenig geändert. Das Kernproblem der Wachstumsschwäche bleibt. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird sich zwar konjunkturell bessern, ein nennenswerter Rückgang der strukturell hohen Arbeitslosigkeit ist aber nicht zu erwarten. Daneben bestehen die Probleme in den Sozialversicherungen fort, und die Lage der öffentlichen Haushalte ist nach wie vor angespannt. Der Handlungsbedarf für die Wirtschaftspolitik hat sich somit nicht verringert. Vorrang in der Wirtschaftspolitik sollten solche Reformen haben, die das Wachstumspotential der deutschen Wirtschaft anheben und für mehr Beschäftigungsdynamik sorgen.
Suggested Citation
Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute, 2006.
"Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Frühjahr 2006,"
ifo Schnelldienst, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, vol. 59(08), pages 03-60, April.
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RePEc:ces:ifosdt:v:59:y:2006:i:08:p:03-60
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ifo Schnelldienst, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, vol. 59(10), pages 23-27, May.
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"Großhandel: Investitionsbereitschaft 2006 deutlich gestiegen,"
ifo Schnelldienst, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, vol. 59(15), pages 31-34, August.
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