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Abstract
Die 90er Jahre waren für Japan ökonomisch ein Desaster. Mit einer gesamtwirtschaftlichen Wachstumsrate von 1,1 % über dem Durchschnitt der Dekade befindet sich Japan am unteren Ende der Rangliste der G-7- und der OECD-Staaten. Trotz mehrfacher, kräftiger fiskal- und geldpolitischer Impulse gelang es nicht, die Binnenwirtschaft nachhaltig zu beleben. Im Gegenteil: Die Konjunkturpolitik konnte nicht verhindern, daß das Land gegen Ende der Dekade in eine Deflation abrutschte, die bislang nicht überwunden werden konnte. Zudem hat sich die Schulden- und Bankenkrise trotz erheblicher Kapitalinfusionen in den vergangenen Jahren laufend verschärft. Im Rückblick auf die 90er Jahre führt das Beispiel Japan drastisch vor Augen, wie schnell ökonomische Führungspositionen verspielt werden können. Vor diesem Hintergrund ist der Ausgangspunkt dieser Studie die drängende Frage, ob Japan denn seine ökonomische Krise zu bewältigen und den laufenden Transformationsprozeß zu meistern in der Lage ist. Als sicher darf gelten, daß in Anbetracht der Vielzahl politischer und wirtschaftlicher Herausforderungen mit einfachen und schnellen Lösungen zur Bewältigung der Krise nicht gerechnet werden kann. Nach zehnjährigen fruchtlosen Bemühungen um eine Stimulierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sind die Arsenale der Fiskal- und der Geldpolitik Japans erschöpft. Auch im Bereich der wirtschaftlichen Strukturpolitik hat Japan noch keine angemessene Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung gefunden. Realistischerweise sollte man deshalb davon ausgehen, daß die Wirtschaftspolitik Japans auch in Zukunft nicht die gebotene Entschlossenheit und Durchsetzungsfähigkeit entwickeln wird, die für eine Überwindung der konjunkturellen Stagnation und für eine Lösung der Schuldenprobleme im Banken- und Unternehmenssektor erforderlich wären. Bei Fortsetzung des gegenwärtigen deflationären Trends ist deshalb ein neuerlicher Ausbruch einer Banken- und Finanzkrise nicht unwahrscheinlich. Mittel- bis langfristig droht angesichts der fiskalischen Schuldendynamik eine Schuldenkrise des Staates. Beide Szenarien wären in erster Linie Krisen des japanischen Finanzmarkts und der realen Wirtschaft Japans. Die entstehenden Verwerfungen können aber auf Asien und die Weltwirtschaft übergreifen und dort zu realen Wachstumseinbußen führen. Politik und Wirtschaft in Deutschland und Europa sollten sich deshalb darauf einstellen, daß sich die gegenwärtige Stagnation und Agonie der japanischen Wirtschaft noch einige Jahre fortsetzen wird, und daß sporadisch auftretende krisenhafte Zuspitzungen realistische Möglichkeiten sind. Japan ist ein warnendes Beispiel für ein reifes Industrieland, das es viel zu lange versäumt hat, makroökonomische Schieflagen anzupacken und dringend erforderliche Strukturreformen durchzuführen. Die internationale Politik sollte im Rahmen der G-7-Kooperation noch entschlossener als bisher auf Japan einwirken, die vorliegenden Probleme endlich anzupacken, und insbesondere die Banken- und Schuldenkrise einer Lösung zuzuführen. Sicherlich bleibt Japan die führende Wirtschaftsmacht Asiens, aber sein internationales Prestige, seine Finanz- und Wirtschaftskraft haben merklich gelitten. Die Funktion Japans als ökonomischer und politischer Stabiltätsanker in Asien dürfte zukünftig an Bedeutung verlieren. China wird - wie bereits zuweilen in der Vergangenheit - Japans Schwächen ausnützen und in das bestehende Vakuum vorstoßen. Dennoch sollte man in der allgemeinen Krise der japanischen Wirtschaft nicht übersehen, daß es die erfolgreicheren japanischen Industrieunternehmen gut verstanden haben, sich an die fortgesetzte Nachfrageschwäche und die ungünstigen Rahmenbedingungen in ihrem Heimatmarkt anzupassen. Aufgrund ihres Innovationspotentials und ihrer Exportkraft bleiben sie dauerhaft leistungsfähige Wettbewerber auf den Weltmärkten. Positiv an der japanischen Situation ist zudem, daß deutsche und europäische Unternehmen die aktuelle Wirtschaftskrise Japans al
Suggested Citation
Hilpert, Hanns Günther, 2002.
"Japans endlose Wirtschaftskrise: Perspektiven für Japan und die Weltwirtschaft,"
SWP-Studien
S 44/2002, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), German Institute for International and Security Affairs.
Handle:
RePEc:zbw:swpstu:s442002
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