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Abstract
Der 16. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im November 2002 bedeutete einen Einschnitt für China nicht nur, weil sich ein Führungswechsel in den höchsten Parteiämtern vollzog, sondern auch, weil dieser Wechsel trotz mangelnder Transparenz weitgehend geordnet verlief. Die Wachablösung betrifft neben der Position des Generalsekretärs der KP, die seit 1989 von Jiang Zemin bekleidet wurde, alle wichtigen Gremien der Partei auf zentraler Ebene und, zum Teil schon seit dem letzten Jahr, auch einen Großteil der höchsten Provinzämter. Im Frühjahr 2003 wird sich dieser Generationswechsel auf dem 10. Nationalen Volkskongreß (NVK), dem Parlament, auch in den höchsten Regierungsposten vollziehen. Jiang Zemin wird als Staatspräsident abdanken, Zhu Rongji das Amt des Premierministers aufgeben. Auch Li Peng, Vorgänger Zhu Rongjis im Amt des Premierministers und seit 1998 Vorsitzender des Ständigen Ausschusses des NVK, wird abtreten. Die "junge" Führungsriege der heute 60jährigen, die mit dem 16. Parteitag und dem 10. NVK in Spitzenpositionen aufrückt, wird China voraussichtlich für die nächsten fünf oder sogar zehn Jahre regieren. Angesichts der massiven inneren und äußeren Herausforderungen, denen sich das Land in praktisch allen Bereichen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gegenübersieht, wird es nicht nur eine zentrale Frage sein, mit welchen Lösungsansätzen die neue politische Spitze an diese Probleme herangeht, sondern auch, welchen Handlungsspielraum sie hat, um ihre Vorstellungen umzusetzen. Zu den Hauptproblemen, mit denen sich die neue Führung auseinanderzusetzen hat, zählen die Reform der zum Großteil maroden Staatsunternehmen und des Bankensektors, die Implementierung der WTO-Vereinbarungen, ein wachsendes soziales und regionales Einkommensgefälle, offene und verdeckte Arbeitslosigkeit sowie zunehmende Protest- und Streikaktionen. Hinzu kommen die Schwierigkeiten einer Partei- und Staatsführung, deren Glaubwürdigkeit durch Korruption angeschlagen ist und deren Legitimität zunehmend vom wirtschaftlichen Erfolg abhängt, sowie eine durch die Entwicklung nach dem 11. September 2001 geschwächte Position gegenüber den USA. Die auf dem Parteitag getroffenen Personalentscheidungen brachten keine Klarheit hinsichtlich der künftigen Machtverteilung: Unter den neun Mitgliedern, aus denen sich der neue Ständige Ausschuß des Politbüros, das höchste Parteigremium, zusammensetzt, gelten vier oder sogar fünf als Protegés von Jiang Zemin und als Mitglieder der "Shanghai-Clique". Jiang selbst blieb Vorsitzender der Zentralen Militärkommission der Partei und damit Oberbefehlshaber der chinesischen Streitkräfte. Wie groß der politische Einfluß des abgetretenen Generalsekretärs und scheidenden Staatspräsidenten noch sein wird, steht damit aber nicht fest. Inwieweit innerhalb der neuen Führungsspitze unterschiedliche Lösungsansätze vertreten werden, läßt sich ebenfalls noch nicht einschätzen. Zunächst sind jedenfalls weder größere innen- noch außenpolitische Kurskorrekturen zu erwarten. Oberste Priorität besitzen weiterhin Stabilität und Machterhalt der KPCh. Dies soll vor allem durch eine Öffnung der Partei für die im Zuge der Reformen neu entstandenen Unternehmer- und Mittelschichten sowie durch anhaltend hohes Wirtschaftswachstum gewährleistet werden. Die Partei versucht damit den Spagat zwischen den Interessen der Reformgewinner und jenen einer wachsenden Zahl von Reformverlierern. Anstatt von der Partei unabhängige Organisationen und Institutionen zuzulassen, die bei den zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen als glaubwürdige Vermittler fungieren könnten, setzt man auf Einbindung der neuen sozialen Schichten in die Partei. Ausbau und Verbesserung des Rechtssystems sind zwar angekündigt, eine Gewaltenteilung ist jedoch nicht vorgesehen. Die Bekämpfung der innerparteilichen Korruption soll im wesentlichen durch die Partei selbst erfolgen. Die KP sieht ihre Legitimation darin, unterschiedliche gesellschaftliche Interessen unter ihre
Suggested Citation
Wacker, Gudrun, 2003.
"Führungswechsel in China: Herausforderungen und Spielräume der "vierten Generation","
SWP-Studien
S 2/2003, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), German Institute for International and Security Affairs.
Handle:
RePEc:zbw:swpstu:s22003
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