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Familienleistungsausgleich statt kinderabhängige Beitragsstaffelung: Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2257/16

Author

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  • Pimpertz, Jochen
  • Plünnecke, Axel

Abstract

Kindererziehung ist für die nachhaltige Sicherung umlagefinanzierter Sozialversicherungsansprüche von essenzieller Bedeutung. Insofern ist die Frage nach einer angemessenen Berücksichtigung von Kindererziehungsleistungen bei der Finanzierung der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zwar nachvollziehbar; vor dem Hintergrund des gesamtgesellschaftlichen Familienleistungsausgleichs zeigt sich aber, dass eine Differenzierung der Sozialversicherungsbeiträge nach der Kinderzahl nicht sinnvoll ist. So stößt bereits der Versuch einer Messung familienbezogener Be- und Entlastungen insgesamt, erst recht aber bezogen auf einzelne Teilsysteme der sozialen Sicherungssysteme an methodische Grenzen. Zum einen ist die Abgrenzung der mit der Kindererziehung einhergehenden familiären Kosten und Nutzen umstritten. Zum anderen bleibt aus ökonomischer Sicht ungeklärt, wie die Saldierung möglicher Be- und Entlastungen zu bewerten ist. Denn die dazu notwendige Bemessung positiver Nutzeneffekte, die der Gesellschaft aus der privaten Entscheidung zugunsten der Familiengründung erwachsen, und die es in den Familien zu kompensieren gilt, ist nicht möglich. Vor diesem Hintergrund ist bei Forderung nach einer nach der Kinderzahl differenzierenden Beitragsfinanzierung zweierlei zu beachten: Zum einen würden die kaum kontrollierbaren Rückwirkungen auf den allgemeinen steuerfinanzierten Familienleistungsausgleich dessen Neujustierung erfordern, die aber an den grundlegenden methodischen Problemen zu scheitern droht. Zum anderen erfassen die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme jeweils nur eine Teilgruppe der Bevölkerung. Wollte man eine nach der Kinderzahl differenzierte Beitragsstaffelung mit der besonderen Bedeutung die Kindererziehung für die Fortführung umlagefinanzierter Systeme begründen, würde dies unmittelbar zu Ungleichbehandlungen für die bislang privat versicherten Personenkreise führen. Selbst wenn man den Fokus auf einzelne Sozialversicherungszweige begrenzen würde, ergäben sich in der Gesetzlichen Rentenversicherung zwei Gestaltungsoptionen: Eine Staffelung der Beitragszahlungen nach der Kinderzahl würde lediglich die Finanzierungslasten im Querschnitt der Versicherten umverteilen. Unverändert bliebe aber die Notwendigkeit zur ergänzenden Privatvorsorge bestehen. Mit dem dafür notwendigen Aufwand droht dann aber der beabsichtigte Entlastungseffekt für Eltern zu verpuffen. Stattdessen wäre alternativ eine Differenzierung des Rentenanspruchs nach der individuellen Kinderzahl vorzuziehen. Auch wenn in den gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen ähnliche intergenerative Verteilungswirkungen auftreten wie in bei der gesetzlichen Alterssicherung, so sind diese Systeme doch als Schadensversicherungen konzipiert. Weil der Leistungsfall grundsätzlich zu jeder Lebensphase auftreten kann, lässt sich eine Beitragsdifferenzierung nach der Kinderzahl kaum begründen, ohne den Versicherungsgedanken aufzulösen. Vor dem Hintergrund dieser Argumente ist die Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung der Erziehungsleistungen von Familien an den allgemeinen steuerfinanzierten Familienleistungsausgleich zu adressieren.

Suggested Citation

  • Pimpertz, Jochen & Plünnecke, Axel, 2020. "Familienleistungsausgleich statt kinderabhängige Beitragsstaffelung: Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2257/16," IW-Reports 33/2020, Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute.
  • Handle: RePEc:zbw:iwkrep:332020
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    • D10 - Microeconomics - - Household Behavior - - - General
    • H23 - Public Economics - - Taxation, Subsidies, and Revenue - - - Externalities; Redistributive Effects; Environmental Taxes and Subsidies
    • H55 - Public Economics - - National Government Expenditures and Related Policies - - - Social Security and Public Pensions
    • I13 - Health, Education, and Welfare - - Health - - - Health Insurance, Public and Private

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