IDEAS home Printed from https://ideas.repec.org/p/zbw/iwkrep/313015.html
   My bibliography  Save this paper

Annerkennung ausländischer Berufsabschlüsse aus Unternehmenssicht: Status quo, Chancen und Herausforderungen sowie Handlungsbedarf

Author

Listed:
  • Leininger, Gesina
  • Pierenkemper, Sarah
  • Werner, Dirk
  • Zifle, Luena
  • Arndt, Franziska
  • Kunath, Gero

Abstract

Der Bericht beleuchtet die Bedeutung der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen für die Fachkräftesicherung aus Sicht von Unternehmen in Deutschland. Die Anerkennung fördert die nachhaltige und qualifikationsgerechte Integration von Fachkräften in den Arbeitsmarkt, verbessert deren Beschäftigungschancen und eröffnet Unternehmen den Zugang zu einem erweiterten Talentpool an beruflich Qualifizierten. Bislang liegen kaum Erkenntnisse darüber vor, wie Unternehmen die berufliche Anerkennung wahrnehmen, wie gut sie sich darüber informiert fühlen und welcher Handlungsbedarf aus ihrer Perspektive besteht, um Anerkennungsverfahren und Unterstützungsangebote noch weiter zu verbessern. Um diese Erkenntnislücke zu schließen, wurden Personalverantwortliche aus insgesamt 815 Unternehmen im Rahmen des repräsentativen IW-Personalpanels im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) befragt. Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass mit 17,2 Prozent bislang erst ein geringer Teil der Unternehmen praktische Erfahrungen mit der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse gemacht hat. Zugleich wird das Thema von vielen Unternehmen als relevant eingestuft, auch wenn ihnen noch konkrete Berührungspunkte fehlen. Von den Unternehmen, die bereits Erfahrungen mit der beruflichen Anerkennung gemacht haben, berichtet gut die Hälfte (51,6 Prozent) von eher negativen Erfahrungen, während 39,3 Prozent positive Erfahrungen gemacht haben. Die restlichen 9,1 Prozent der Unternehmen können ihre Erfahrungen in diesem Bereich nicht klar einordnen. Die negativen Erfahrungen sind meist mit der (geplanten) Zuwanderung aus dem Ausland verknüpft und können daher auch durch andere Faktoren beeinflusst sein, wie lange Wartezeiten bei der Visavergabe oder eine fehlende staatlich anerkannte Berufsqualifikation, die eine Einreise verhindert hat. Von positiven Erfahrungen berichten die Unternehmen überwiegend, wenn es um die Anerkennung der beruflichen Qualifikationen ihrer bereits eingestellter Mitarbeiter geht. Damit hängen auch die Hauptgründe für die Anerkennung zusammen: Im Vordergrund stehen Wertschätzung der Mitarbeiter (72,3 Prozent) und die langfristige Bindung von Fachkräften an das Unternehmen (71,8 Prozent). Weitere Gründe für die Nutzung der Anerkennung sind die Beschäftigung in einem reglementierten Beruf, wofür die anerkannte Gleichwertigkeit die Voraussetzung ist, die Einreise von internationalen Fachkräften, die Einschätzung von vorhandenen Qualifikationen von (potenziellen) Mitarbeitern und die Anerkennung als Voraussetzung für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, wie etwa einer Aufstiegsfortbildung. Die große Mehrzahl von gut 80 Prozent der befragten Unternehmen gibt an, dass die berufliche Anerkennung in ihrer Belegschaft bisher keine Rolle gespielt hat. Der häufigste Grund hierfür ist der fehlende Kontakt zu Bewerbern mit solchen Abschlüssen oder dass keine entsprechend im Ausland qualifizierten Mitarbeiter beschäftigt werden. Große Herausforderungen stellen für Unternehmen bürokratische Hürden durch rechtliche Regelungen dar, etwa bei der Visavergabe oder beim Aufenthaltsrecht und langen Verfahrenszeiten bei der beruflichen Anerkennung. Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind hier besonders betroffen, da sie oft nicht über die notwendigen Kapazitäten verfügen, um den komplexen Anerkennungsprozess zu bewältigen. Auch Unsicherheiten in Bezug auf rechtliche Anforderungen und Verfahrensabläufe behindern die Nutzung der Anerkennung. Die Berufskammern (62,8 Prozent) und die Agentur für Arbeit (51,7 Prozent) sind die Hauptquellen, auf die Unternehmen zur Informationsbeschaffung zurückgreifen. Es zeigt sich jedoch, dass es aus Sicht der Unternehmen an klar strukturierten und leicht zugänglichen Informations- und Beratungsangeboten fehlt. So wünschen sich 65,9 Prozent der Unternehmen verbesserte Beratungsangebote mit konkreten Ansprechpartnern. Darüber hinaus erachten 63,8 Prozent der Unternehmen den Zugang zu besser aufbereiteten und leichter zugänglichen Informationen zur Berufsanerkennung als hilfreich. Weitere wichtige Informationsquellen für Unternehmen sind der informelle Austausch mit anderen Unternehmen, soziale Medien oder digitale Informationsplattformen, die eine wertvolle Unterstützung mit Informationen rund um das Thema anbieten. Unternehmen haben jedoch klare Vorstellungen, welche Maßnahmen sie bei der Überwindung von Hürden im Anerkennungsprozess unterstützen können. Ein zentraler Wunsch der Unternehmen ist ein schnellerer und transparenter Anerkennungsprozess. Digitale Lösungen, wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Dokumentenprüfung oder eine bessere Nachverfolgung des Verfahrens, könnten den Prozess aus Sicht der Unternehmen erheblich beschleunigen und erleichtern. Zudem könnten finanzielle Unterstützungsmaßnahmen und die Verbreitung von Best-Practice-Beispielen die Bereitschaft der Unternehmen erhöhen, sich intensiver mit der Anerkennung ausländischer Abschlüsse auseinanderzusetzen. Im Rahmen der Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, das ab dem 18. November 2023 sukzessive in drei Stufen bis Anfang Juni 2024 in Kraft trat, wurden neue Zugangswege für die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland geschaffen. Zwar liegen dazu bislang noch nicht viele Praxiserfahrungen vor, doch bewerten die Unternehmen die neuen Zugangswege grundsätzlich sehr positiv: Die Einführung der Anerkennungspartnerschaft, die es Fachkräften ermöglicht, bereits während des Anerkennungsverfahrens im Unternehmen zu arbeiten, wird von 74,8 Prozent der Unternehmen positiv bewertet. Immerhin jedes fünfte Unternehmen äußert sich unsicher dazu, da viele Unternehmen bislang keine Erfahrung mit der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse haben. 61,4 Prozent der Unternehmen begrüßen die neue Möglichkeit, dass Personen mit anerkanntem Berufsabschluss auch in anderen qualifizierten Berufen arbeiten können. Die Einreise für eine Qualifikationsanalyse und die Chancenkarte, die Fachkräften die Suche nach einem Arbeitsplatz in Deutschland ermöglichen, werden von über der Hälfte der Unternehmen positiv aufgenommen. Eine weitere, von 47,7 Prozent der Unternehmen positiv bewertete Änderung ist, dass bei ausreichendem Gehalt und Berufserfahrung die Anerkennung ausländischer Qualifikationen vor der Einreise nicht mehr zwingend erforderlich ist.

Suggested Citation

  • Leininger, Gesina & Pierenkemper, Sarah & Werner, Dirk & Zifle, Luena & Arndt, Franziska & Kunath, Gero, 2025. "Annerkennung ausländischer Berufsabschlüsse aus Unternehmenssicht: Status quo, Chancen und Herausforderungen sowie Handlungsbedarf," IW-Reports 8/2025, Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute.
  • Handle: RePEc:zbw:iwkrep:313015
    as

    Download full text from publisher

    File URL: https://www.econstor.eu/bitstream/10419/313015/1/1919297448.pdf
    Download Restriction: no
    ---><---

    More about this item

    JEL classification:

    • I21 - Health, Education, and Welfare - - Education - - - Analysis of Education
    • J08 - Labor and Demographic Economics - - General - - - Labor Economics Policies
    • J88 - Labor and Demographic Economics - - Labor Standards - - - Public Policy

    Statistics

    Access and download statistics

    Corrections

    All material on this site has been provided by the respective publishers and authors. You can help correct errors and omissions. When requesting a correction, please mention this item's handle: RePEc:zbw:iwkrep:313015. See general information about how to correct material in RePEc.

    If you have authored this item and are not yet registered with RePEc, we encourage you to do it here. This allows to link your profile to this item. It also allows you to accept potential citations to this item that we are uncertain about.

    We have no bibliographic references for this item. You can help adding them by using this form .

    If you know of missing items citing this one, you can help us creating those links by adding the relevant references in the same way as above, for each refering item. If you are a registered author of this item, you may also want to check the "citations" tab in your RePEc Author Service profile, as there may be some citations waiting for confirmation.

    For technical questions regarding this item, or to correct its authors, title, abstract, bibliographic or download information, contact: ZBW - Leibniz Information Centre for Economics (email available below). General contact details of provider: https://edirc.repec.org/data/iwkolde.html .

    Please note that corrections may take a couple of weeks to filter through the various RePEc services.

    IDEAS is a RePEc service. RePEc uses bibliographic data supplied by the respective publishers.