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In jedem vierten Post-Konflikt-Land wird eine neue Verfassung geschrieben. Welche Auswirkungen solche verfassungsgebenden Prozesse auf Frieden haben, ist jedoch bislang kaum untersucht. Eine neue Verfassung wird oft als ein wichtiger Bestandteil einer politischen Transformation in Post-Konflikt-Staaten gesehen. Dies liegt daran, dass durch einen erfolgreichen verfassungsgebenden Prozess ein neues und potenziell dauerhaftes Regelwerk entsteht, das den Zugang zur Macht festlegt. Aus diesem Grund erhalten verfassungsgebende Prozesse in Post-Konflikt-Ländern häufig Unterstützung von internationalen Akteuren. Bislang fehlt es jedoch an systematischen Analysen zum Effekt von Post-Konflikt-Verfassungsgebung auf Frieden. In dieser Analyse und Stellungnahme werden neue empirische Erkenntnisse vorgestellt, die zeigen, dass das Schreiben einer neuen Verfassung nach einem Konflikt einen wichtigen Beitrag zu Frieden leisten kann. Staaten, die einen Konflikt erlebt haben, verabschieden oft neue Verfassungen. Zum einen, um einen klaren Bruch mit dem bisherigen System zu signalisieren und zum anderen, um die Institutionen zu reformieren, die oft zumindest teilweise für den Ausbruch des Konflikts verantwortlich gemacht werden. Post-Konflikt-Verfassungsgebung kann in sehr unterschiedlichen Kontexten stattfinden - nach einem Bürgerkrieg, wie in Nepal oder Südafrika, oder nach niedrigschwelliger Gewalt, wie in Kirgisistan oder Kenia. Auch in den aktuellen Friedensgesprächen um Syrien spielt die Frage nach einer neuen Verfassung eine wichtige Rolle. Da es an wissenschaftlichen Erkenntnissen darüber mangelt, ob eine neue Verfassung zu Frieden beitragen kann, bleibt aber offen, ob diesbezügliche Bemühungen von internationalen Akteuren ausgebaut werden sollten. Die vorliegende Analyse und Stellungnahme zeigt auf, dass das Schreiben einer neuen Verfassung die Friedensaussichten von Post-Konflikt-Staaten signifikant erhöht (für die vollständige Analyse siehe Fiedler, 2019). Sie fasst die Ergebnisse innovativer statistischer Untersuchungen zusammen, die im Rahmen des DIE-Projekts "Frieden nachhaltig fördern" durchgeführt wurden. Basierend auf einer Analyse von 236 Post-Konflikt-Episoden zwischen 1946 und 2010 ergeben sich zwei zentrale Ergebnisse: Das Schreiben einer neuen Verfassung verringert das Risiko für Wiederausbruch von Konflikt. Die Analyse zeigt einen statistisch signifikanten und robusten Zusammenhang zwischen dem Schreiben einer neuen Verfassung und Frieden. Internationale Bemühungen, verfassungsgebende Prozesse in Post-Konflikt-Ländern zu unterstützen, sind daher wohl begründet. Das theoretische Argument für diesen Zusammenhang deutet darauf hin, dass es wichtig ist, dass verfassungsgebende Prozesse einen intensiven interelitären Dialog ermöglichen, der dabei hilft, Vertrauen wiederaufzubauen. Je länger der verfassungsgebende Prozess andauert, desto vorteilhafter ist es für Frieden. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die vertrauensbildende Wirkung der Prozesse nur dann eintritt, wenn genügend Zeit für Verhandlungen und die Entwicklung eines breiten Kompromisses eingeräumt wird. Internationale Akteure drängen Post-Konflikt-Staaten jedoch häufig dazu, diese Prozesse sehr schnell, möglichst innerhalb weniger Monate, zu durchlaufen. Die Ergebnisse der vorliegenden Analyse stellen diesen Ansatz in Frage.
Suggested Citation
Fiedler, Charlotte, 2019.
"Warum das Schreiben einer neuen Verfassung nach einem Konflikt zu Frieden beitragen kann,"
Analysen und Stellungnahmen
11/2019, German Institute of Development and Sustainability (IDOS).
Handle:
RePEc:zbw:dieaus:112019
DOI: 10.23661/as11.2019
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