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Abstract
Die Unterschiede im Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zwischen den USA und Europa waren zwar immer ausgeprägt, gewinnen aber seit dem Zusammenbruch des gemeinsamen Gegenmodells in der ehemaligen Sowjetunion und in Osteuropa und dem Lissabon-Prozess zunehmend an Bedeutung. Letztens hat diese Frage auch zu Diskussionen im Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU geführt. Der vorliegende wertende und vergleichende Bericht über eine neue Studie der Arbeiterkammer Wien versteht sich als äußerst kontroversieller Beitrag zu dieser Diskussion. In der festgefahrenen und oftmals sehr hart geführten wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung zwischen dem neoliberalen und dem keynesianischen Modell beschreitet die hier sehr ausführlich besprochene Publikation der Arbeiterkammer Wien nunmehr neue Wege. Keinesfalls sollte es in Europa, so die Arbeiterkammer, zu einem Abbau des Sozialstaates kommen. Ein umfassender Sozialstaat, dem der Sozialschutz als BürgerInnenrecht zugrundeliegt, ist eines der wesentlichen konstitutiven Elemente Europas. Die Europäische Kommission könnte ein Garant dafür sein, dass dieses Europäische Sozialmodell auch weiterhin Bestand haben kann, wenn sie sich mit ihren Ansätzen gegen die Angriffe, so die Arbeiterkammer, der auch in Europa stärker werdenden Neokonservativen gepaart mit Neoliberalen durchsetzen kann. Für die Kommission stehe nämlich die Wichtigkeit eines umfassenden Sozialschutzes außer Zweifel. In seiner Analyse über die Studie der AK zeigt dann der Autor mit eigenen, großteils auf Weltbank, ILO, und University of Texas Inequality Project basierenden Daten, dass es - wie die Studie der Arbeiterkammer richtig betont, - schon so ist, dass der Zentralstaat in den sehr föderalen USA kleiner ist als in vielen Staaten Europas. Aber die unzureichende Erfassung des föderalen Charakters der USA ist eine der methodischen Probleme jedes Vergleiches staatlicher Politik der USA mit Europa. In der Ära des Clinton-Booms hat Europa die Staatsquoten wesentlich erhöht und die Expansion im Kondratieff’schen Zyklus versäumt. Erst spät steuerte die Politik in einigen Staaten gegen, während in den USA der Abbau der Staatsquoten – vermittelt über die Friedensdividende der Clinton-Ära – schon früher begann. Die vorhandenen Daten zeigen aber, dass die Gesamtstaatsausgaben in den USA bei 38.50% liegen wobei die Bundesstaaten und Gemeinden fast 18% des BIP aufwenden. Empirisch unzureichend wurde nach Ansicht des Autors in der Studie der AK ansonsten das Problem der Armut dokumentiert, weil sich die Studie der AK vor allem auf einen Vergleich von 11 Staaten stützt, der z. B Portugal und Griechenland, 2 EU -Staaten mit problematischeren Armutsverhältnissen, ausklammert. Statistiken der USA beinhalten stets die von traditionell von Armut gekennzeichneten, als Rohstoffproduzenten mit Sklavenwirtschaft vor 1865 in die Weltwirtschaft integrierten Südstaaten natürlich, während ein Vergleich von 11 zumeist weiter entwickelten Europäischen Staaten lediglich mit den entwickelten Staaten des Nordens, Ostens und Westens der USA legitim wäre. Aus analytischer sozialpolitischer Perspektive muss ferner festgehalten werden, dass beträchliche Ungleichheiten in Europa bereits vor der EU-Erweiterung existierten, die sich nach dem 1. Mai 2004 noch verschärfen.
Suggested Citation
Tausch, Arno, 2005.
"Im Lissabon-Prozess. Die USA und Europa im Vergleich,"
MPRA Paper
495, University Library of Munich, Germany, revised 2005.
Handle:
RePEc:pra:mprapa:495
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