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Abstract
Neue Industrien bringen nicht nur eine spezifische politische Ökonomie in Bezug auf die zum Einsatz kommenden Technologien hervor, sondern entwickeln sich jeweils in einem Spannungsfeld von nationaler bzw. volkswirtschaftlicher Innovationsdynamik einerseits und einer auf konkrete Standorte bezogenen und eher regionalpolitisch fassbaren Logik andererseits. Gleichzeitig spielen globale Zusammenhänge für neue Technologien per Definition eine herausragende Rolle, da innovative Verfahren oder Produkte unmittelbar eine Nachfrage auf internationalen Märkten nach sich ziehen. Da sich wissenschaftlich-technischer Fortschritt und seine wirtschaftliche Nutzung in einem (technologiespezifisch) über lange Zeiträume stabilen Muster internationaler Arbeitsteilung zwischen einer begrenzten Anzahl von Regionen bzw. Standorten (Innovationsinseln) vollzieht, ergibt sich ein politisch gestaltbarer Zusammenhang von Innovation und Beschäftigung auch in der neuen Biotechnologie. Die geographische Streuung von Technologiestandorten ist nicht gleichmäßig, sondern bringt Verdichtungsräume hervor mit einer besonders hohen Anzahl von F&E orientierten Unternehmen und Forschungsinstituten. Diese internationalen Innovationsinseln konzentrieren sich im US-amerikanischen und westeuropäischen Raum. In Deutschland konnte Standorte in den neuen Bundesländern, und hier insbesondere Jena, selektiven Anschluss an die etablierten Innovationsinseln im Bereich der Biotechnologie (Braunschweig-Göttingen-Hannover, Rhein-Ruhr-Gebiet, München, Berlin, Rhein-Main-Gebiet und Rhein-Neckar-Dreieck) finden. Diese deutschen Biotechnologie-Standorte sind Teil der westeuropäischen Biotechnologie mit weiteren international ausgerichteten Innovationsinseln in East Anglia (Cambridge) und dem Scottish Belt (Edinburgh), der niederländischen Randstad, der Île de France als dominierender französischer Standort, sowie den transnational gefassten Standorten Öresund und Oberrhein. Auf US-amerikanischer Seite findet sich eine ähnliche Struktur von Innovationsinseln mit Schwerpunkten in Boston, New York City Conurbation, Philadelphia, Los Angeles - San Diego, San Francisco Bay Area, Research Triangle Park (Raleigh-Durham), and in der Capitol Region. Die Arrangements an den verschiedenen Standorten der Biotechnologie unterscheiden sich hinsichtlich der industriellen und wissenschaftlichen Kompetenzen sowie der Produkt- und Forschungsbereiche, die vor Ort bestehen. Außerdem variieren diese Agglomerationen durch ihre industriegeschichtliche Entwicklung unter den Typen der Innovationsinseln. Spezifische Muster der Organisation von großen und kleinen Unternehmen innerhalb der Referenzindustrien an den Standorten (sofern vorhanden) und die Dynamik von Unternehmensneugründungen schaffen zusätzlich Differenzierungen zwischen den Standorten. Unabhängig von der Auswahl innovativer Technologien, profitieren fortgeschrittene Technologiestandorte von Agglomerationseffekten in allen Phasen ihrer Entwicklung. Negative Effekte können bei entsprechender Akteursdichte allein aus einer zu hohen Kooperationsdichte am Standort resultieren, wenn sich gleichzeitig die Einbettung in nationale und internationale Netzwerke weniger dynamisch vollzieht. Die vier Vergleichstandorte zeigen, dass in Bezug auf die beiden Hauptdeterminanten dynamischen Wachstums – die lokale Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskraft und eine internationale Ausrichtung von Kooperationsnetzwerken – eine auf die jeweiligen Standortvorteile und den Entwicklungsstand eines Standorts im Innovationsprozess abgestimmte Politik erforderlich ist. Eine angemessene Wahl von Policy-Instrumenten ergibt sich jedoch erst über eine Feinabstimmung bei der Sequenzierung von Policy-Schritten. Durch geeignete Politiken lassen sich Beschleunigungen und Effizienzsteigerungen des Innovationsprozesse erzielen: Durch Forschungsförderung kann eine Regionalisierung von Kompetenz erreicht werden, die eine Anbindung an internationale Netzwerke durch Kooperation erst ermöglicht Beschleunigungseffekte und Effizienzsteigerungen lassen sich dabei durch eine geeignete Konzentration der Fördermittel erreichen. In der Konsequenz kann ein Anschluss an private Finanzierungsmodelle schneller erreicht werden, da die Wahrnehmbarkeit eines Technologiestandortes für Venture Capital Firmen im Zuge einer klaren Profilbildung steigt. Hier kann eine weitere Beschleunigung eintreten, wenn die wissenschaftlich-technische Kompetenz in Forschungszusammenhängen durch betriebswirtschaftliche Kompetenz in der Geschäftsführung ergänzt wird, und damit auch die Krisenanfälligkeit von Neu- und Ausgründungen in der Biotechnologie sinkt. Der biotechnologische Innovationsprozess bringt mit seiner zunehmenden sektoralen Ausdifferenzierung auch eine Diversifizierung von Arbeitsmärkten mit sich, wodurch immer wieder Knappheiten bei entsprechend hoch- und höchstqualifiziertem Personal zu erwarten sind. Gleichzeitig sind kaum Entlastungseffekte in anderen Arbeitsmarktsegmenten zu erwarten, da Beschäftigungspotenziale für nicht-akademisch qualifizierte schwach ausgeprägt bleiben. Bildungspolitik in der Region findet daher v.a. im universitären Bereich Gestaltungsspielräume bei der Schaffung bzw. Änderung von geeigneten Studiengängen und –bedingungen. Sekundäre Effekte, etwa über den Konsum von Spitzenverdienern, sind angesichts der begrenzten Größe des Sektors nur in begrenztem Umfang eingetreten.
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