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Global Britain – Außenpolitik ohne Kanonenboote

In: Das Vereinigte Königreich

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  • Christian Schnee

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Zusammenfassung Seinen Namen möchte die Regierung nicht in der Zeitung lesen. Wenn er spricht, dann anonym. Ja, es gibt ihn noch, den Hauch von Geheimnis und die Aura von James Bond. Auch wenn den Mann im mittleren Alter mit dem beigen Blazer und den 20 Jahren Berufserfahrung in einem Büro von GCHQ, dem Hauptquartier des britischen Geheimdienstes für Kryptografie und Datenübertragung, nichts umgibt, das an den Glamour des fiktiven Agenten 007 erinnern lässt. Der Geheimdienstler, um den es hier geht, ist verantwortlich für die Abteilung für Cyberoperation, also Kriegsführung mit Daten und Codes. Damit soll die Landesverteidigung revolutioniert werden, wünscht sich Ben Wallace. Dessen Name ist kein Geheimnis. Der Abgeordnete für den Wahlkreis Wyre und Preston Nord ist ein Freund Boris Johnsons und Verteidigungsminister zu einer Zeit, als der Geldhahn für militärische Projekte aufgedreht wird wie zuletzt in der Ära von Margaret Thatcher vor mehr als 30 Jahren. 46,5 Milliarden Pfund und ein jährliches Wachstum um 0,5 Prozent stehen im Budgetplan seines Ministeriums und im November 2020 kam die Zusage aus 10 Downing Street, den Betrag noch einmal gewaltige 16,5 Milliarden Pfund zu erhöhen. In der NATO geben nur die USA mehr Geld aus für die Ausstattung ihrer Soldaten. Dafür soll es bald mehr neue Kriegsschiffe geben und Geld für Missionen des Flugzeugträges HMS Queen Elizabeth, das Flaggschiff der Flotte, für Fahrten bis Ostasien und ins Südchinesische Meer (Warrell 2021). Dort will Großbritannien seine Rolle als Europas bedeutendste Seemacht demonstrieren. Nicht weniger wichtig ist der Regierung der Startschuss für ein Weltraumkommando, das in den kommenden Jahren Gefahren durch feindliche Satelliten abwehren soll. Deshalb wird jetzt vor allem in neue Technologien wie Drohnen und Laserwaffen investiert und eine Agentur für künstliche Intelligenz etabliert. Wachsen wird auch die Abteilung für Cyberoperation, von einigen hundert auf bald 3000 Mitarbeiter, unterstützt durch Abordnungen von MI6, dem Auslandsgeheimdienst, sowie dem Labor für Technologie und Verteidigungswissenschaft. Die Aufgabe des Teams für Cyberoperation besteht darin, die Kommunikationskanäle von Terroristen zu unterbrechen und potenzielle Attentäter von ihren Plänen abzubringen, wie etwa 2017 bei einer Operation gegen den Islamischen Staat. Für die Regierung ist der Einsatz von Cybertechnologie in der Landesverteidigung vor allem aus zwei Gründen attraktiv: Zum einen sind die Kosten geringer als bei einem konventionellen militärischen Einsatz, zum anderen sind die Mittel wirkungsvoll auch gegen mächtige Gegner. Zwar will niemand im zuständigen Ministerium über Einsätze gegen China und Russland sprechen. Aber Mark Sedwill, der ehemalige Nationale Sicherheitsberater, lässt keinen Zweifel daran, dass der Dienst längst in beiden Staaten tätig ist (The Economist 2020c).

Suggested Citation

  • Christian Schnee, 2022. "Global Britain – Außenpolitik ohne Kanonenboote," Springer Books, in: Das Vereinigte Königreich, chapter 30, pages 557-569, Springer.
  • Handle: RePEc:spr:sprchp:978-3-658-37388-7_30
    DOI: 10.1007/978-3-658-37388-7_30
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