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Abstract
Zusammenfassung Im Gegensatz zu wettkampforientierten Kampfkünsten, die das Ziel ihres Trainings (den zeitlich, örtlich und durch Regeln gefassten Kampf) direkt abrufen können, sieht sich polizeiliches Einsatztraining mit einem fundamentalen Problem konfrontiert: Schon aus Sicherheitsgründen können die Situationen, auf die das Training vorbereiten soll, in ihrer physischen Konsequenz nicht vollumfänglich simuliert werden. Auch die psychologische Dimension und die Komplexität „echter“ Konflikte sind nur schwierig bis gar nicht im Trainingsbetrieb darzustellen. Mit dieser Divergenz von Training und Ernstfall sehen sich nicht erst die Einsatztrainer*innen der modernen Polizeiausbildung konfrontiert. Tatsächlich begleitet sie die Kampfkunst seit Jahrhunderten, zumal zu Zeiten, da ein Hauptaugenmerk auf dem Einsatz von (Klingen-)Waffen lag. Um den Trainierenden zu vermitteln, dass ihre Übungen „richtig“ waren, d. h. eine effektive Chancenverbesserung im Falle gewalttätiger Auseinandersetzungen bewirkten, entwickelten die Kampfkünste eine Vielzahl von Narrativen, die als „Kampfkunst-Mythen“ beschrieben werden können. Durch sie sollten die Techniken und Methoden des jeweiligen Stils plausibel gemacht werden. Gewöhnlich geschah dies, indem die Praktiken jenseits der unmittelbaren, überprüfbaren Realität verankert wurden, beispielsweise im Tierreich, in den Taten vorhistorischer Gründerfiguren, in einer „heiligen“ Geometrie oder in besonders gewalttätigen Epochen der Vergangenheit. Die Analyse solcher historischer Kampfkunst-Mythen legt die Frage nahe, inwieweit auch heutige Nahkampfsysteme der oben beschriebenen Problematik „Training vs. Ernstfall“ durch vergleichbare Narrative zu begegnen suchen. Tatsächlich scheinen sich nur die Bezüge, nicht aber die grundlegenden Strukturen der mythischen Erzählungen geändert zu haben. Nach Darstellung ihrer Vertreter*innen „funktionieren“ heutige Systeme, da sie beispielsweise von militärischen Spezialkräften in kriegerischen Konflikten erprobt würden, die „natürlichen Bewegungen des Menschen“ aufgriffen oder ganz einfach „reality based“ seien. Zur zielführenden Entwicklung des polizeilichen Einsatztrainings sollten die involvierten Akteur*innen bereit und in der Lage sein, solche narrativen Muster zu erkennen und ihre eigene Befangenheit in ihnen zu hinterfragen. Der vorliegende Beitrag soll dabei Hilfestellung leisten.
Suggested Citation
Sixt Wetzler, 2022.
"Kampfkunst-Mythen im Einsatztraining,"
Springer Books, in: Mario Staller & Swen Koerner (ed.), Handbuch polizeiliches Einsatztraining, pages 101-119,
Springer.
Handle:
RePEc:spr:sprchp:978-3-658-34158-9_6
DOI: 10.1007/978-3-658-34158-9_6
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