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Strommarkt – Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit

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  • Veronika Grimm
  • Axel Ockenfels
  • Lion Hirth
  • Klaus Müller
  • Anke Weidlich
  • Marie-Louise Arlt
  • Christoph Maurer
  • Kerstin Andreae
  • Meinert Matzen
  • Christoph Weissbart
  • Mathias Mier
  • Till Fladung

Abstract

Veronika Grimm, Technische Universität Nürnberg, und Axel Ockenfels, Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn, kritisieren das aktuelle Strommarktdesign in Deutschland, das durch staatliche Eingriffe und fehlende Anpassungen an ein dezentrales Stromsystem ineffizient geworden ist. Die von der Politik bevorzugten Kapazitätsmärkte werden als problematisch angesehen, da sie Marktrisiken verschieben, zu hohen Kosten führen und Fehlanreize verstärken. Stattdessen plädieren sie für ein marktorientiertes Design mit regional differenzierten Strompreisen, einer Stärkung des CO2-Preises und marktbasierter Kapazitätssicherung, um Investitionen und Innovationen effizienter zu steuern und die Energiewende nachhaltig zu sichern.Der deutsche Strommarkt operiert mit einer einheitlichen Preiszone, obwohl die tatsächlichen Stromkosten regional variieren, insbesondere aufgrund begrenzter Netzkapazitäten und regional unterschiedlicher Erzeugung und Nachfrage. Diese Diskrepanz führt zu ineffizienten Investitionsentscheidungen und hohen Redispatch-Kosten, da Netzbetreiber regelmäßig eingreifen müssen, um physikalische Netzprobleme auszugleichen. Eine Aufteilung der deutschen Preiszone würde aus Sicht von Lion Hirth, Hertie School, Berlin, eine marktwirtschaftlich sinnvollere Steuerung ermöglichen, indem lokale Preisunterschiede Angebot und Nachfrage besser widerspiegeln und so Netzengpässe reduzieren, Investitionen in erneuerbare Energien attraktiver machen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands langfristig stärken.Klaus Müller, Bundesnetzagentur, betont, dass Preisschwankungen auf dem Strommarkt durch Angebot und Nachfrage entstehen und kurzfristige Preisspitzen kein Zeichen für Marktversagen, sondern für ein funktionierendes System sind. Um die Stromversorgung langfristig zu sichern, seien Investitionen in steuerbare Kraftwerke, Netzausbau und bessere Integration erneuerbarer Energien notwendig. Die Bundesnetzagentur spiele dabei eine zentrale Rolle, indem sie Regulierung, Finanzierung und Marktmechanismen so ausbalanciert, dass sowohl Investoren als auch Verbraucher profitieren.Anke Weidlich, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, erläutert, dass mit der zunehmenden Häufigkeit von Netzengpässen im deutschen Stromsystem der Bedarf an wirksamen Maßnahmen zu deren Vermeidung und Bewältigung wachse. Während die öffentliche Debatte aktuell vor allem Übertragungsnetzengpässe adressiere, würden Engpässe im Verteilnetz mit dem Ausbau von Wärmepumpen, Elektrofahrzeugen und neuen Verbrauchern künftig relevanter. Dynamische Netzentgelte könnten ein wirksames Instrument zur Setzung von Anreizen für die systemdienliche Netznutzung sein und dadurch Netzengpässe reduzieren. Hierfür seien einige Aspekte der Ausgestaltung, wie die optimale Vorlaufzeit der Preisfestlegung, die einzubeziehenden Netznutzer oder die Nutzung der verschiedenen Entgeltkomponenten wie Arbeitspreis und Leistungspreis, festzulegen.Marie-Louise Arlt, Universität Bayreuth, analysiert die Komponenten der Endkundenpreise und benennt Einsparungspotenziale. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der zukünftigen Entwicklung der Strombeschaffungskosten. Es sei fraglich, ob der zunehmende Ausbau von Solar- und Windenergie zwangsläufig die Strompreise senken kann, wenn die Nachfrage immer gedeckt werden soll. Die Senkung der Kosten von Speichertechnologien und die Erhöhung der Nachfrageelastizität in Kombination mit einer Optimierung des Netzausbaus seien die vielversprechendsten Hebel, um die zukünftigen Strompreise für Endkunden so weit wie möglich zu senken.Die hohen Energiepreise stehen im Zentrum der Debatte um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie. Sollen die Nachhaltigkeits- und Klimaziele erreicht werden, sei aber auch langfristig eher nicht mit deutlich sinkenden Energiepreisen zu rechnen, erklärt Christoph Maurer, Consentec GmbH, Aachen. Das sei bei struktur- und industriepolitischen Maßnahmen zu berücksichtigen. Gleichzeitig gäbe es im Strommarkt auf vielen Feldern Handlungsbedarf. Der Fokus sollte dabei nicht auf kleinteiliger Steuerung liegen, sondern auf effizienten Preissignalen, die bei allen Akteuren ankommen.Da das aktuelle Strommarktdesign nicht ausreicht, um die ambitionierten Ausbauziele und eine gesicherte Stromversorgung zu gewährleisten, seien zusätzliche Marktmechanismen wie ein Kapazitätsmarkt notwendig, erläutert Kerstin Andreae, Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft. Zudem müsse Deutschland seine Energiepolitik eng auf europäischer Ebene abstimmen, um Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und eine kosteneffiziente Energiewende zu gewährleisten.Meinert Matzen und Christoph Weissbart, Stadtwerke München, verdeutlichen die zentrale Rolle der kurzfristigen Strommärkte, um Preissignale für Flexibilitäten zu generieren. Aus den Preisdifferenzen zwischen stündlichen Handelsprodukten an diesen Märkten leiten sie das aktuelle Potenzial von Batteriespeichern auf dem deutschen Strommarkt ab und stellen den Arbitragehandel als Handelsstrategie zur Monetarisierung dieser Potenziale vor. Der geplante Zubau von Batteriespeichern erfolge, trotz unsicherer langfristiger Erlöse, rein marktgetrieben.Das Investitionsverhalten der relevanten Akteure der Energiewende wird nur unzureichend verstanden. So bestehen grundlegende Unterschiede in der Kapitalkostenstruktur zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen, und gerade im Bereich der Stromerzeugung wird ein Großteil der Stromerzeugung durch öffentliche Unternehmen erbracht. Zudem wird deren Investitionsverhalten in Modellen, die zur Politikgestaltung herangezogen werden, nur stark vereinfacht abgebildet. Mathias Mier und Till Fladung, ifo Institut, stellen ein Modell vor, das das Investitionsverhalten verschiedener Akteure genauer abbildet.

Suggested Citation

  • Veronika Grimm & Axel Ockenfels & Lion Hirth & Klaus Müller & Anke Weidlich & Marie-Louise Arlt & Christoph Maurer & Kerstin Andreae & Meinert Matzen & Christoph Weissbart & Mathias Mier & Till Fladun, 2025. "Strommarkt – Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit," ifo Schnelldienst, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, vol. 78(03), pages 03-35, March.
  • Handle: RePEc:ces:ifosdt:v:78:y:2025:i:03:p:03-35
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