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- Carsten Breuer
- Hans Christoph Atzpodien
- Clemens Fuest
- Gernot Müller
- Michael Hüther
- Stormy-Annika Mildner
- Claudia Schmucker
- Stefan Mair
- Benjamin Scharte
- Severin Pleyer
- Joop Age Harm Adema
- Panu Poutvaara
- Timo Wochner
- Marcel Schlepper
Abstract
Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr, betont, dass Deutschland im vierten Jahr des russischen Angriffskriegs weiter an der Seite der Ukraine steht, sich aber auch mit einer möglichen direkten Aggression Russlands gegen die NATO und gegen den Westen auseinandersetzen muss. Schon jetzt erlebt Europa eine steigende Anzahl hybrider Angriffe. Diese sollen Zweifel säen und den Zusammenhalt im Westen erodieren lassen. Um glaubhaft abzuschrecken, gilt es, die nationale Verteidigungsfähigkeit auszubauen – gesamtgesellschaftlich, aber auch gemeinsam mit den Alliierten im Bündnis.Rüstung ist Regierungsgeschäft, erklärt Hans Christoph Atzpodien, Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Berlin. Es stehe und falle alles mit den richtigen haushaltspolitischen Weichenstellungen. Unter der Ampel-Koalition konnten diese Weichen noch zugunsten von Ausgabenanforderungen gestellt werden, die zur Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit geboten erscheinen. Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie benötige verlässliche Rahmenbedingungen für einen beschleunigten weiteren Kapazitätsaufbau. Die „Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie“ biete eine Grundlage für die konkrete gesetzgeberische Umsetzung.Clemens Fuest, ifo Institut, wirft bei der Frage, wie es möglich sei, zu mehr Wehrhaftigkeit zu kommen und dies mit wirtschaftlicher Stärke zu verbinden, den Blick auf Israel. Das Land finanziert seine Rüstungsausgaben mittels Krediten, Umschichtung der Ausgaben, einschließlich Kürzung von Sozialausgaben, und Steuererhöhungen. All dies kontrastiere mit dem Ansatz der Bundesregierung. Die nächste Bundesregierung müsse deshalb vollständig neu planen. Auf der Ausgabenseite sei es entscheidend, sofort einen mehrjährigen Umschichtungsprozess einzuleiten. Fuest zeigt auf, wie ein solches Konsolidierungsprogramm aussehen könnte, wenn es das Wirtschaftswachstum möglichst wenig beeinträchtigen soll.In der Vergangenheit haben viele Länder, insbesondere im Zusammenhang mit Kriegen, befristete Aufrüstung über Schulden finanziert. Deutschland hat zuletzt die Verteidigungsausgaben auf das 2%-Ziel der NATO erhöht, ohne dass eine nachhaltige Finanzierung geklärt wurde. Eine Finanzierung über Schulden ist aus Sicht von Gernot Müller, Eberhard Karls Universität Tübingen, nicht sinnvoll, da diese Erhöhung – wie im Begriff der Zeitenwende angelegt – dauerhaft sein soll.Aus Sicht von Michael Hüther, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, stehen Deutschland und die EU vor der dringenden Aufgabe, ihre strategischen Abhängigkeiten zu verringern, die Resilienz gegenüber externen Schocks zu erhöhen und multilaterale Partnerschaften zu stärken. Gleichzeitig erfordere die sicherheitspolitische Lage eine fundamentale Neuausrichtung der Verteidigungsbereitschaft. Pragmatismus in der Außenpolitik, auch gegenüber schwierigen Partnern, sowie substanzielle höhere Ausgaben für die Verteidigung seien unverzichtbar.Stormy-Annika Mildner, Aspen Institute Germany, Berlin, und Claudia Schmucker, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Berlin, diskutieren, dass die EU nicht ausreichend gerüstet sei, um in einer Welt zu bestehen, in der Machtpolitik zunehmend internationale Regeln und Institutionen unterminiert. Die EU sei traditionell ein starker wirtschaftlicher Akteur, aber einschwacher außenpolitischer Spieler. Oftmals fehle es ihr an Agilität und geostrategischer Kohärenz, um schnell auf geopolitische Risiken zu reagieren. Dies müsse sich ändern.Wie die vergangenen Jahre werde auch das Jahr 2025 von zahlreichen geopolitischen Risiken geprägt sein, erklärt Stefan Mair, Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin. Dabei stechen drei Risiken hervor: eine Niederlage der Ukraine im Krieg mit Russland, ein Entzug amerikanischer Sicherheitsgarantien und eine Eskalation der strategischen Rivalität zwischen den USA und China. Nicht nur, aber auch aufgrund der zu erwartenden wirtschaftlichen Kosten, die durch das Eintreten geopolitscher Risiken entstehen könnten, müsse deutsche Politik zu deren Eindämmung beitragen.Benjamin Scharte, Eberhard Karls Universität Tübingen, analysiert die Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesrepublik Deutschland aus Sicht der Resilienzforschung. Die nächste Bundesregierung müsse gesellschaftliche Resilienz durch Sozialkapital stärken, da es den Zusammenhalt und das Vertrauen erhöht. Gleichzeitig seien höhere Investitionen in die militärische Verteidigungsfähigkeit nötig. Die daraus entstehenden Zielkonflikte sollten transparent diskutiert und in demokratische Entscheidungsprozesse überführt werden.Severin Pleyer, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, kritisiert, dass die Zeitenwende kaum nuklearstrategische Überlegungen beinhalte. Eine ernsthafte Debatte über eine glaubhafte Abschreckung und die Umsetzung der Drohung im Ernstfall fehle. Ein glaubwürdiger Ausbau der nuklearen Teilhabe unter Einbeziehung von konventionellen Langstreckensystemen und der Zivilverteidigung könne die Kosten der Abschreckung für Deutschland effektiv reduzieren und gleichzeitig insbesondere im Bereich des Personalaufwands für die Streitkräfte positive Auswirkungen haben. Auch mit Blick auf die Trump-Administration könne diese Taktik eine Alternative sein, um mehr Einfluss in Verhandlungen zu gewinnen.Joop Adema, Panu Poutvaara, Timo Wochner, ifo Institut, und Marcel Schlepper, ehemals ifo Institut, zeigen, dass eine Wehrpflicht gesamtwirtschaftlich teurer als eine marktwirtschaftliche Lösung ist und zudem die Kosten ungerecht zwischen Individuen aufteilt. Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Streitkräfte sollten insofern aus wirtschaftlicher Perspektive priorisiert umgesetzt werden. Da die personellen Anforderungen an die Bundeswehr mit dem Prinzip der Freiwilligkeit effizienter als mit einer Wehrpflicht zu verwirklich sind, bliebe mehr Geld, um weitere Verteidigungsinvestitionen zu tätigen.
Suggested Citation
Carsten Breuer & Hans Christoph Atzpodien & Clemens Fuest & Gernot Müller & Michael Hüther & Stormy-Annika Mildner & Claudia Schmucker & Stefan Mair & Benjamin Scharte & Severin Pleyer & Joop Age Harm, 2025.
"Geopolitische Risiken für Deutschland und Europa – was bedeuten sie für die Wirtschaft?,"
ifo Schnelldienst, ifo Institute - Leibniz Institute for Economic Research at the University of Munich, vol. 78(02), pages 03-38, February.
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RePEc:ces:ifosdt:v:78:y:2025:i:02:p:03-38
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